Nach dem verheerenden Erdrutsch vom Freitagabend im Misox GR suchen die Rettungskräfte noch immer nach den drei Vermissten.
Einsatzleiter William Kloter beschreibt gegenüber Nau.ch die aktuelle Lage. - Nau.ch/Nico Leuthold

Das Wichtigste in Kürze

  • Im Bündner Südtal Misox kam es am Freitagabend zu einem schweren Erdrutsch.
  • Eine Person konnte gerettet werden, drei werden noch vermisst.
  • Laut dem Einsatzleiter wäre es ein Wunder, wenn sie überleben.
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Drei Menschen werden nach dem verheerenden Erdrutsch im Bündner Südtal Misox GR weiterhin vermisst. Es handelt sich um ein Paar und eine ältere Frau. Sie würden weiterhin gesucht, erklärt der Einsatzleiter William Kloter gegenüber Nau.ch.

Misox GR Vermisste
Im Misox GR werden am Samstag drei Menschen vermisst.
Misox GR Vermisste
Die Suche läuft auf Hochtouren.
Rega Misox
Auch die Rega ist im Misox GR im Einsatz. Hier beim Flug über den Fluss.

«Wenn man sich diesen Schuttkegel anschaut, sieht man, welch grosse Steine und Erdmassen dort drin sind», sagt er. «Es wäre sicherlich ein Wunder, wenn die Verschütteten dies überleben.» Dass am Morgen eine Person gerettet werden konnte, stimmt ihn aber auch zuversichtlich.

«Wir sind sehr dankbar, dass wir diese Person finden konnten. Das hat uns Motivation gegeben, weiter durchzuhalten. Unsere Einsatzkräfte sind jetzt 24 Stunden ununterbrochen im Einsatz. Sie sind aber immer noch voller Tatendrang, dass wir noch Erfolge feiern können.»

Hast du schon einmal einen Erdrutsch miterlebt?

«Die Gefahr ist wegen der Topografie mit den steilen Hängen und der starken Bewaldung immer gegeben», sagt der Einsatzleiter. «Die Analysen der Geologen zeigen aber, dass ab etwa 17 Uhr noch einmal etwas auf uns zukommen könnte. Vor allem begünstigt durch die hohen Temperaturen.»

Kloter erlärt weiter, die Gemeinden seien angewiesen worden, alles zu tun, dass das Wasser abfliessen kann. Sowie, dass die Trinkwasser- und Stromversorgung wieder funktionieren. «Es ist allerdings fraglich, wie viel Wasser der durchnässte Boden noch aufnehmen kann. Bereits wenig Wasser könnte zu einem Problem führen.»

Heftige Niederschläge führten zu Hochwasser

Massive Gewitter und Niederschläge führten am Freitagabend im Bündner Südtal Misox nach einem Bergsturz zu einer Hochwassersituation. Flüsse traten über die Ufer und Strassen wurden überschwemmt.

Vier Personen sind am Samstagmorgen vermisst worden. Wie bereits am Vortag im Kanton Wallis mussten dutzende Personen aus ihren Häusern evakuiert werden.

Fünf Dörfer des Bündner Südtals Misox haben keinen Strom mehr. In den betroffenen Gemeinden ist teilweise auch das Leitungswasser unterbrochen. Das Wasser ist in allen betroffenen Gemeinden Lostallo GR, Cabbiolo GR, Sorte GR, Arabella GR und Norantola GR nicht trinkbar.

Um 09.00 Uhr gab die Kapo Graubünden bei einer Medienkonferenz bekannt, dass eine Frau in Mesolcina GR lebend aus einem Schuttkegel gerettet wurde. Sie wurde in ein Spital in Lugano gebracht.

Bündner Polizisten brachten sich im Misox GR in Gefahr – Auto mitgerissen

Eine Patrouille der Bündner Kantonspolizei hat am Freitagabend im Bündner Südtal Misox in den Fluten ein Fahrzeug verloren. Die Patrouille hielt nach einem heftigen Gewitter und einem Erdrutsch Ausschau nach Menschen oder Tieren, die in Gefahr sein könnten.

Misox Polizeiauto
Eine Polizeipatrouille hielt nach einem heftigen Gewitter und einem Erdrutsch Ausschau nach Menschen oder Tieren, die in Gefahr sein könnten.
Misox Polizeiauto
Dabei brachten sie sich selbst in Gefahr: Sie konnten sich zwar retten, doch ihr Dienstauto wurde vom Fluss mitgerissen.
Misox Polizeiauto
Die Hälfte des Polizeiautos steckt am Samstagmittag noch im schlammigen Fluss.
Strasse Misox
In der Nähe ist eine Strasse nicht mehr wiederzuerkennen.
Misox Sperrband
Die Polizei hat ein Sperrband angebracht, doch dieses wird offenbar komplett ignoriert.

Dabei hätten sich die Polizisten selber in Gefahr gebracht, sagte Einsatzleiter William Kloter am Samstagmorgen vor den Medien in Roveredo. Diese hätten dank reaktionsschnellem Handeln von Kameraden gerettet werden können. Sie hätten nur noch dem Dienstfahrzeug zuschauen können, wie es von den Fluten mitgerissen worden sei.

Heutige Bilder von Nau.ch zeigen das am Freitag mitgerissene Polizeiauto: Es steht bis zur Frontscheibe im schlammigen Gewässer. Weitere Bilder zeigen eine zerstörte Strasse. Die Polizei hat in der Gegend ein Sperrband angebracht, dieses wird aber von den Touristen vor Ort komplett ignoriert, wie ein Reporter vor Ort berichtet.

Bundespräsidentin Viola Amherd zeigte sich derweil auf X über das Ausmass der Unwetterschäden erschüttert. Ihr Gedanken seien bei der betroffenen Bevölkerung. Zudem dankte sie den Einsatzkräften für ihren «unermüdlichen Einsatz».

200 Meter Strasse zerstört

Der Erdrutsch ereignete sich zwischen Roveredo GR und Lumino TI und unterbrach im untersten Teil des Tals die Autobahn A13 in beide Richtungen. Die A13 und die italienische Strasse H13 mussten zwischen San Vittore und dem Nordportal des San-Bernardino-Tunnels gesperrt werden. Die Zufahrt von Norden in Richtung Roveredo sei wegen der Sperrung nicht möglich, teilte die Kantonspolizei Graubünden mit.

Marco Fioroni vom Bundesamt für Strassen Astra erklärte dem Sender «RSI», dass 200 Meter der Strasse zerstört wurde. Der Abschnitt zwischen Cabbiolo und Ara werde eine lange Zeit gesperrt sein. Die Ortschaften Mesocco und Soazza sind von Süden her nicht mehr erreichbar.

Zerstörte Strasse A13
Die zerstörte Strasse zwischen Cabbiolo und Ara. - Screenshot RSI

Wegen des hohen Wasserpegels sei es unmöglich, sich dem zerstörten Strassenabschnitt zu nähern. Eine Luftaufnahme des Senders zeigt das Ausmass der Zerstörung.

Bündner und Tessiner Regierungen reagieren

Die Bündner Regierung verfolgt die Situation im Misox mit grosser Besorgnis und wünscht allen Beteiligten viel Kraft, wie sie am Samstag mitgeteilt hat. Der Tessiner Staatsrat brachte der Bevölkerung im Misox derweil seine Solidarität und sein Mitgefühl zum Ausdruck.

Solche Ereignisse erinnern uns einmal mehr daran, wie sehr das Leben im Alpenraum der Herrschaft der Naturgewalten ausgesetzt ist, schrieb die Tessiner Regierung am Samstag in einem Communiqué.

Der Staatsrat spreche stellvertretend für die gesamte Tessiner Bevölkerung der betroffenen Bevölkerung, den Bündner Behörden und den Menschen in der Region die volle Unterstützung des Tessins aus.

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