Moutier-Prozess: Angeklagte von Gericht freigesprochen
2017 stimmte Moutier knapp für den Wechsel in den Kanton Jura. Am Dienstag fand der erste Prozess wegen Wahlbetrugs hinsichtlich der Abstimmung statt.

Das Wichtigste in Kürze
- Am Dienstag begannen die Prozesse wegen Wahlbetrugs hinsichtlich der Moutier-Abstimmung.
- 2017 stimmte die Bevölkerung mit einer knappen Zustimmung für einen Wechsel in den Jura.
- Die Staatsanwaltschaft liess jedoch die erste Anklage gegen eine Person fallen.
Am Dienstag begann der Prozess wegen Wahlbetrugs im Zusammenhang mit der Abstimmung über die Kantonszugehörigkeit der bernjurassischen Gemeinde Moutier. Der erste Prozess endete mit einem Freispruch. Der Staatsanwalt kündigte am Ende seiner Anklagerede an, die Anklage fallen zu lassen.
Die Angeklagte, musste vor dem Einzelrichter erscheinen, weil sie bei der Abstimmung am 18. Juni 2017 ihre Papiere in Moutier bei ihren Eltern gelassen hatte. Die Frau hatte aber in der jurassischen Gemeinde Courtételle eine Wohnung gemietet.
Angeklagte hatte keine Verbindung zu Courtételle
Sie habe keine Verbindung zu Courtételle gehabt und sei nur von Zeit zu Zeit dorthin gegangen, erklärte die Angeklagte. Sie habe damals eine äusserst schwierige Zeit durchlebt und hauptsächlich bei ihren Eltern in Moutier geschlafen. Die Frau gab an, dass sie die Wohnung in der jurassischen Gemeinde behalten habe, um ihre Möbel aufzubewahren.
Die 27-jährige Angeklagte wiederholte, dass ihr Interessenschwerpunkt tatsächlich in Moutier gewesen sei, wo sie ihren Freundeskreis hatte. Ihr Anwalt betonte, dass die Klientin nicht die Absicht gehabt habe, sich in Courtételle niederzulassen. Er plädierte auf Freispruch.

Zur allgemeinen Überraschung erklärte der Staatsanwalt während der Anhörung, dass er die junge Frau vom Wahlbetrug freisprechen werde. Sie habe nicht die Absicht gehabt, zu betrügen. Der Staatsanwalt sagte, er habe die Aussagen des Angeklagten während des Prozesses berücksichtigt.
Es gebe keine belastenden Elemente, die den Aussagen des Angeklagten widersprechen würden. Dies sagte der Einzelrichter des Regionalgerichts Berner Jura-Seeland, Josselin Richard, bei der Verlesung des Urteils am Dienstag.
In der Anklageschrift hatte die Staatsanwaltschaft folgende Auffassung vertreten: Die Angeklagte nahm an der Abstimmung in dem Wissen teil, dass sie keinen zivilen und politischen Wohnsitz in Moutier hatte. Sie sei daher nicht dazu berechtigt gewesen, und ihr Interessenschwerpunkt habe in der 2016 angemieteten Wohnung in Courtételle gelegen.
16 Verfahren wegen Verdachts auf Wahlbetrug
Die Staatsanwaltschaft hatte wegen des Verdachts auf Wahlbetrug bei der Abstimmung in Moutier insgesamt sechzehn Verfahren eröffnet. Sie wollte festzustellen, ob Personen gewählt hatten, die nicht in der Gemeinde wohnhaft waren.
Sechs Verfahren wurden eingestellt. Insbesondere weil die Angeklagten nachweisen konnten, dass sie zum Zeitpunkt der Abstimmung ihren Wohnsitz in Moutier hatten. In vier Fällen wurde die Verurteilung von den Angeklagten akzeptiert. In den übrigen sechs Verfahren wurden die Personen wegen Wahlbetrugs angeklagt.
2021 wird erneut abgestimmt
Bei der Abstimmung vom 18. Juni 2017 gab es eine knappe Mehrheit für einen Kantonswechsel. 137 Stimmen gaben den Ausschlag. Das bernische Verwaltungsgericht erklärte den Urnengang später wegen teilweise gravierender Unregelmässigkeiten für ungültig.
Moutier wird am 28. März 2021 erneut über einen Wechsel vom Kanton Bern zum Kanton Jura abstimmen. Die Tripartite Konferenz unter der Leitung von Bundesrätin Karin Keller-Sutter hatte sich am 8. Oktober auf dieses Datum geeinigt.