Nach neuem Urteil: «Brian ist enttäuscht vom Strafmass»
Brian («Carlos») ist der wohl bekannteste Häftling der Schweiz. Gestern erhielt er das Urteil des Obergerichts. Sein Anwalt ist damit unzufrieden.
Das Wichtigste in Kürze
- Brian («Carlos») wurde zu sechs Jahren und vier Monaten Haft verurteilt.
- Das Zürcher Obergericht verlängerte das vom Bezirksgericht verhängte Strafmass.
- Für Thomas Häusermann, Brians Anwalt, ist dies nur ein Teilerfolg.
Schwere versuchte Körperverletzung, mehrfache einfache Körperverletzung, Beschimpfung, Drohung und Gewalt gegen Beamte. Dies sind nur einige der Punkte, in denen Brian («Carlos») gestern Mittwoch schuldig gesprochen wurde. Das Strafmass: eine Freiheitsstrafe von sechs Jahren und vier Monaten.
Weder Verwahrung noch Freispruch
Das Bezirksgericht Dielsdorf ZH hatte Brian zu fünf Jahren Gefängnis und einer stationären Therapie verurteilt. «Es war ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung», sagt Brians Anwalt, Thomas Häusermann zu Nau.ch.
Die Staatsanwaltschaft plädierte für eine Verwahrung. Brians Anwälte wollten hingegen «einen kompletten Freispruch erwirken», so Häusermann weiter.
Mit dem Strafmass und dem Schuldspruch sind die drei Anwälte Brians nicht zufrieden. «Wir hätten zumindest diverse Freisprüche und ein deutlich tieferes Strafmass erwartet», so Häusermann. Eine Strafe sei in Anbetracht der Foltervorwürfe sowieso fragwürdig.
Damit bezieht sich Häusermann auf die Isolationshaft, in welcher sich Brian seit mehr als zweieinhalb Jahren befindet. 23 Stunden am Tag abgeschottet von der Umwelt. Das müsse sofort enden, so die Forderung des Uno-Sonderberichterstatters für Folter.
Hat sich zur Wehr gesetzt
«Soweit überhaupt gewisse Vorwürfe erstellt werden könnten, müssten zwingend die unmenschlichen Haftbedingungen der Isolationshaft berücksichtigt werden.» Sein Mandat habe sich – als er die Gefängnismitarbeiter angegriffen habe – einfach gewehrt.
Dass keine Verwahrung ausgesprochen wurde, sei zumindest ein Teilerfolg, so Häusermann. Brian selbst wurde bereits über das Urteil in Kenntnis gesetzt. «Wir haben lange telefoniert, die Situation in der Isolationszelle ist nicht gut», so Häusermann.
Brian sei erleichtert, dass ihm keine Verwahrung drohe. Er sei aber auch enttäuscht vom Strafmass – ganz zu schweigen vom Schuldspruch in sich. Sein Mandant leide sehr unter der Isolationshaft. Er fühle sich alleine, die Einsamkeit wirke sich auf die Gesundheit aus.
Dringender Handlungsbedarf
Ob man ans Bundesgericht weiterziehen werde, sei noch nicht klar. «Analysieren, prüfen, entscheiden», so das Vorgehen des Anwälte-Trios rund um Brian.
Für Häusermann ist es unverständlich, wieso die Zürcher Behörden nichts unternehmen. «Es besteht dringender Handlungsbedarf. Auch der Uno-Berichterstatter für Folter hat klare Worte gefunden.»