NBD-Aufsicht kritisiert Berichterstattung an den Bundesrat
Das Wichtigste in Kürze
- Die Aufsichtsbehörde über den Nachrichtendienst kritisiert dessen Kommunikation.
- Es sei nicht klar genug, was alles Viola Amherd als VBZ-Vorsteherin gemeldet werden muss.
- Ausgelöst hatte die Untersuchung die Spionage-Affäre um die Crypto AG.
Auch die Bearbeitung von Auskunftsgesuchen wird kritisiert: Politikerinnen und Politiker sowie Medienschaffende seien bevorzugt worden. Es stelle sich die Frage, worüber das Verteidigungsdepartement (VBS) informiert werden müsse, um die politische Verantwortung wahrnehmen zu können, schreibt die unabhängige Aufsichtsbehörde (AB-ND). Es bestehe «Verbesserungspotential».
Was muss ein Bundesrat alles wissen?
Es sei darum gegangen, Klarheit zu schaffen, wie und bis zu welchem Grad die Vorsteherin des VBS informiert werden müsse, sagte Thomas Fritschi, der Leiter der Aufsichtsbehörde, am Dienstag vor den Medien in Bern. Die gesetzlichen Regelungen seien diesbezüglich nicht eindeutig. «Nach unserem Gespräch mit dem VBS zeigte sich das Departement mit unseren Empfehlungen zufrieden. Deshalb gehen wir davon aus, dass die notwendige Klarheit nun gegeben ist.»
Der mangelnde Informationsfluss zwischen NBD und Bundesrat zeigte sich auch im Zusammenhang mit der Spionage-Affäre der Crypto AG. Die AB-ND war bei der Untersuchung jedoch nicht federführend, sondern unterstützte die Arbeiten der Geschäftsprüfungsdelegation (GPDel). «Heute wäre eine Crypto-Affäre nicht mehr so einfach möglich, weil der Informationsfluss gewährleistet ist», sagte Fritschi. Mit einem gewissen Mass an «krimineller Energie» könne solch ein Fall jedoch auch heute nicht ausgeschlossen werden.
Nachrichtendienst gibt ungern Auskunft
Ein weiterer Kritikpunkt der AB-ND betrifft die Bearbeitung von Auskunftsgesuchen. Der NDB habe die Praxis entwickelt, «die Auskunft betreffend Personendaten, die in den sensiblen nachrichtendienstlichen Bereichen bearbeitet werden, in der Regel aufzuschieben», heisst es im Bericht. So wurden von den 527 Anfragen, die bis Ende Oktober 2020 bei NBD eingingen, 16 bearbeitet und 444 aufgeschoben.
Ausserdem würden nicht alle Gesuche gleich behandelt. So würden Gesuche von Politikerinnen und Politikern und Journalistinnen und Journalisten bevorzugt zu behandeln. Die Beantwortung dieser Anfragen sei rascher und detaillierter erfolgt als bei anderen Gesuchstellenden. Nach Ansicht der AB-ND verstösst diese Praxis gegen das «verfassungsmässig garantierte Gebot der rechtsgleichen Behandlung aller Auskunftsgesuchstellenden», hielt Fritschi fest. Die Aufsichtsbehörde empfahl deshalb, diese Praxis «umgehend» zu ändern.
Erster Einblick in NBD-Archiv
Erstmals hatte die Behörde ausserdem Zugang zum vollständigen Archiv des NBD. Mehrere hundert Meter an Dokumenten in diversen Standorten seien archiviert. «Der Umfang der in diesen Archiven gelagerten Dokumente überraschte die AB-ND», wird im Bericht festgehalten. Die Dokumente stammen aus einer Zeit, in der der NDB noch nicht der Aufsicht der AB-ND unterstand.
Es habe nur ein grobes Inventar über den Inhalt dieser Ablagen bestanden, sagte Fritschi. Da das Archiv bist Ende 2020 an das Bundesarchiv übergeben werden sollte, habe man darauf verzichtet, Empfehlungen zu erlassen.
Heute würden «ab und zu» Daten beim NDB entdeckt, die gemäss der gesetzlich definierte Frist eigentlich hätten gelöscht werden müssen. «Einen systematischen Verstoss haben wir jedoch nicht feststellen können.»
55 Änderungsvorschläge
Die AB-ND formulierte insgesamt 55 Empfehlungen in 17 durchgeführten Prüfungen. Erstmalig führte die AB-ND im Jahr 2020 auch eine unangekündigte Prüfung durch. Mit der Umsetzung der Empfehlungen könnten bestehende Risiken der nachrichtendienstlichen Tätigkeiten weiter vermindert und die Effizienz gesteigert werden, heisst es in dem Bericht.
Die Prüftätigkeiten beim NDB seien «konstruktiv» verlaufen. «In vielen Bereichen stossen die Empfehlungen der AB-ND Entwicklungen an, deren Notwendigkeit NDB-intern mindestens teilweise bereits erkannt wurden.»
Das Parlament hatte die Schaffung einer unabhängigen Aufsichtsbehörde beschlossen, weil der NDB im Jahr 2017 mit einem neuen Gesetz erheblich mehr Kompetenzen erhielt und nicht mehr nur Personen in der Öffentlichkeit beobachten durfte. Das Vertrauen in den NBD sollte so gefördert werden. So darf der Nachrichtendienst seither auch Telefongespräche abhören, Privaträume durchsuchen und verwanzen sowie in Computer eindringen.