Neue Wohnungen: Hier müssen Interessenten Mietpreis vorschlagen
Wer sich für die Wohnungen an der Badenerstrasse in Zürich interessiert, wird aufgefordert, einen Mietpreisvorschlag zu unterbreiten.
Das Wichtigste in Kürze
- An der Badenerstrasse in Zürich entstehen neue Wohnungen.
- Wer sich für die Wohnungen interessiert, muss einen Mietpreis vorschlagen.
- Ein Rechtsanwalt für Mietrecht äussert Bedenken über derartige Vermietungspraktiken.
Das neue Wohnprojekt «Amalfi Due» an der Badenerstrasse in Zürich verspricht italienisches Flair. Bis 2026 soll hier eine «Città» mit Lofts und Atelierwohnungen entstehen, daneben ein «Parco» mit 32 Mehrzimmerwohnungen zwischen 65 und 145 Quadratmetern.
Wer sich für den Preis dieser Italianità in Zürich interessiert, wird auf der Projektwebsite aufgefordert, sich zu registrieren und einen eigenen Mietpreisvorschlag zu unterbreiten – ohne vorher die tatsächlichen Mietpreise zu kennen.
Eine Praxis, die an «Blind Bidding», also «blindes Bieten», erinnert. Was hat es damit auf sich?
Unternehmen weist Vorwürfe von «Casino-Versteigerung» zurück
Peter Nideröst, Rechtsanwalt für Mietrecht, äussert Bedenken über derartige Vermietungspraktiken.
«Eine solche Versteigerung von Mietwohnungen pervertiert den ohnehin schon aus dem Ruder geratenen Wohnungsmarkt in der Stadt Zürich», sagt Nideröst. «Das erinnert mich an den von Jean Ziegler geprägten Begriff des Casino-Kapitalismus.»
Es besteht die Gefahr, dass Mietinteressentinnen und Mietinteressenten nicht den Mietpreis angeben, den sie als angemessen und bezahlbar erachten, sondern einen höheren, um die Chancen auf eine Zusage zu verbessern, wie Nideröst sagt. Dies könnte eine Spirale steigender Mieten auslösen.
Ledermann Immobilien weist die Vorwürfe zurück.
Geschäftsführer Philippe Rohr schreibt auf Anfrage: «Wir vergeben die Wohnungen nicht dem Meistbietenden.»
Die Preisvorschläge dienten lediglich als «Information über die Mietzinsvorstellung an entsprechender Lage».
Genaue Mietpreise stünden noch nicht fest, da das Projekt erst nächstes Jahr fertig werde und die Kostenentwicklung noch unklar sei.
Die Mietepreise in der Schweiz werden per Gesetz geregelt. Wenn übermässige Gewinne erzielt werden, sind sie laut dem Zürcher Mieterinnen- und Mieterverband missbräuchlich. Denn das Gesetz sieht anstelle einer Marktmiete eine Kostenmiete mit Renditeobergrenze vor.
Bekannte Zürcher Immobilienfirma
Das Unternehmen Ledermann Immobilien AG ist ein Schwergewicht in der Zürcher Immobilienbranche.
Urs Ledermann, Gründer und langjähriger Geschäftsführer, kaufte bereits 1979 Altbauten von privaten Eigentümerinnen und Eigentümer, die er umfangreich sanierte und hochpreisig weitervermietete.
2014 krönte ihn die Presse zum «König des Seefelds», als er 28 Liegenschaften im Quartier an die Swiss Life verkaufte.
Der Gewinn des Deals wurde zunächst unter Verschluss gehalten, einige Monate später war der Kaufvertrag aber im Handelsregister öffentlich einsehbar. Der Verkauf der Liegenschaften im Seefeld-Quartier brachte dem Unternehmen 272,8 Millionen Franken ein, Ledermann persönlich erhielt laut dem «Tagesanzeiger» knapp 90 Millionen Franken.
Zukunftspläne bleiben vage
Das unkonventionelle Vorgehen bei «Amalfi Due», bei dem Interessentinnen und Interessenten Preisvorschläge ohne Kenntnis der tatsächlichen Mietpreise abgeben sollen, wirft Fragen auf.
Rechtsanwalt Peter Nideröst weist jedoch darauf hin, dass Wohnungen üblicherweise mit Preisangabe ausgeschrieben werden, Vermieterinnen und Vermieter jedoch nicht dazu verpflichtet seien.
Auf die Frage nach einem ähnlichen Vorgehen bei zukünftigen Projekten hält sich Philippe Rohr, Geschäftsführer von Ledermann Immobilien, bedeckt: «Bei jedem Projekt treffen wir die Marktabklärungen, die angemessen und nötig scheinen.»
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Hinweis: Dieser Artikel ist zuerst bei «Tsüri.ch» erschienen. Autorin Jenny Bargetzi ist Redaktorin beim Zürcher Stadtmagazin.