SVP-Politiker: «Können nicht überall günstigen Wohnraum zerstören»
Reto Brüesch (SVP) fordert, dass die Stadt Zürich bei Leerkündigungen künftig Informationen zur Eigentümerschaft und zum Gebäudealter sammelt.
Das Wichtigste in Kürze
- Reto Brüesch (SVP) spricht im Interview über die Wohnungsnot in der Stadt Zürich.
- Er fordert, dass Zürich Informationen zur Eigentümerschaft und zum Gebäudealter sammelt.
- Brüesch: «Sowas, wie es bei den Sugus-Häusern passiert ist, ist ein absolutes No-Go.»
Der SVP-Politiker Reto Brüesch fordert im Interview, dass die Stadt Zürich bei Leerkündigungen künftig Informationen zur Eigentümerschaft und zum Gebäudealter sammelt. Dadurch sollen Fälle wie jener bei den Sugus-Häusern verhindert werden.
Tsüri.ch: Zusammen mit Jean-Marc Jung von der SVP haben Sie im Zürcher Gemeinderat ein Postulat eingereicht, das von der Stadt verlangt, dass sie bei Leerkündigungen künftig Daten zur Eigentümerschaft und dem Alter der Liegenschaft sammelt. In der Regel kommen solche Forderungen eher von linken Parteien.
Reto Brüesch: Ja, das stimmt wohl. Auch wenn es natürlich im Sinne aller Parteien sein sollte, dass es in Zürich genügend Wohnraum gibt.
Aber es liegt wohl auch an meinem Beruf, dass ich mich für wohnpolitische Themen interessiere: Als Geschäftsleiter einer Baugenossenschaft bin ich zwangsläufig mit den Auswirkungen davon konfrontiert.
Tsüri.ch: Es ist also nicht bloss ein strategischer Entscheid Ihrer Partei, auch auf den «Wohnpolitik-Zug» aufzuspringen? Nach dem Aufschrei über die Kündigungen bei den Sugus-Häusern wäre das sicher kein schlechter Schachzug.
Brüesch: Nein. Tatsächlich formulierte ich den Vorstoss bereits, bevor der Fall der Sugus-Häuser publik wurde.
Ende November veröffentlichte die Zürcher Kantonalbank (ZKB) einen Bericht, in dem es auch um Leerkündigungen ging. Darin hiess es, dass nirgends so viele Häuser leer gekündigt werden wie in der Stadt Zürich.
Allerdings fand ich keine Informationen darüber, wer die Eigentümerinnen und Eigentümer waren oder in welcher Bauperiode die Liegenschaften erstellt wurden. Das machte mich hellhörig.
Tsüri.ch: Warum ist es Ihnen so wichtig, das zu wissen?
Brüesch: Je mehr man weiss, desto bessere Entscheidungen kann man treffen. Gerade in Bezug auf eine nachhaltige und sozialverträgliche Stadtplanung finde ich es wichtig, alle Faktoren zu kennen, die zu einer Veränderung der Bevölkerung führen können.
So sieht die Stadt beispielsweise vor, die Quartiere Altstetten, Albisrieden und Zürich Nord weiter zu verdichten. Dort leben aktuell viele Menschen mit kleinen Einkommen.
Diese werden sich eine Wohnung in einem Ersatzneubau kaum leisten können und verlieren somit ihr Zuhause. Dieser Entwicklung muss man entgegenwirken: Wir können nicht überall günstigen Wohnraum zerstören.
Tsüri.ch: Sie erhoffen sich also einen Paradigmenwechsel?
Brüesch: Oder zumindest einen sensibleren Umgang mit der Thematik. In einigen Fällen ist eine Leerkündigung vielleicht wirklich die einzige Lösung, in anderen wäre vermutlich auch ein Umbau im bewohnten Zustand möglich.
Ich möchte nicht mit dem Finger auf die Eigentümerinnen und Eigentümer zeigen – 98 Prozent von ihnen handeln nach bestem Wissen und Gewissen.
Aber sie sollten auch Verständnis für die Anliegen und Sorgen ihrer Mieterinnen und Mieter aufbringen können. Sowas, wie es bei den Sugus-Häusern passiert ist, ist ein absolutes No-Go.
Tsüri.ch: Ecken Sie mit diesen Ansichten innerhalb der Partei an?
Brüesch: Selten. Meine Kollegen vertrauen meinen Erfahrungen in diesem Bereich. Bisher haben meine Vorlagen die Fraktion jedes Mal überzeugt.
Es wäre schön, wenn andere Gemeinderätinnen und Gemeinderäte ebenfalls etwas vom Rechts-Links-Denken abkommen könnte und man mehr gemeinsame Lösungen sucht.
Denn, dass sich die SVP nicht um knappen Wohnraum und den hohen Mieten in Zürich schert, stimmt nicht.
Tsüri.ch: Vergangenen Mittwoch hat es geklappt: Ihr Postulat wurde vom Rat mit grosser Mehrheit überwiesen. Jetzt hat der Stadtrat zwei Jahre Zeit, dazu Stellung zu nehmen. Wie soll es danach weitergehen?
Brüesch: Wir von der SVP sind kein Fan von Bürokratie, aber ich bin mir sicher, dass das Sammeln von Daten hier sinnvoll ist.
Im besten Fall führt es zu einer Sensibilisierung von Eigentümerinnen und Eigentümer, Bauunternehmen sowie Akteurinnen und Akteuren in der Stadtplanung.
Ansonsten braucht es weitere Massnahmen – einige Ideen liegen bereits bei mir auf einem Stapel.
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Hinweis: Dieser Artikel ist zuerst bei «Tsüri.ch» erschienen. Autorin Isabel Brun ist Redaktorin beim Zürcher Stadtmagazin.