Zürich: Städtische Stiftung kündigt ganzer Mieterschaft
Während die Zürcher Regierung im Fall der «Sugus-Häuser» den Schutz der Mietenden verteidigte, kündigte eine Stiftung der Stadt 20 Mietparteien im Kreis 3.
Das Wichtigste in Kürze
- Eine Städtische Stiftung kündigte im Zürcher Kreis 3 20 Mietparteien.
- Das Gebäude wird umfassend saniert.
- Die Mieten dürften um bis zu 30 Prozent steigen.
Die Stadt kündigt allen Mietparteien an der Birmensdorferstrasse 191 im Kreis 3, um umfassende Sanierungen durchzuführen.
Die städtische Stiftung «Einfach Wohnen» (SEW) verkündete den Mietenden diesen Januar, dass sie bis März 2026 ausziehen müssen, denn das Gebäude soll kernsaniert werden.
In einer Schriftlichen Anfrage machen drei Gemeinderätinnen und Gemeinderäte den Stadtrat auf die Leerkündigung aufmerksam und fordern ihn auf, sich dazu zu äussern.
Schriftliche Anfrage der FDP an den Stadtrat
Die drei FDP-Gemeinderätinnen und -Gemeinderäte Jehuda Spielman, Marita Verbali und Flurin Capaul üben in der schriftlichen Anfrage Kritik: Es sei widersprüchlich, dass die Stadt selbst Leerkündigungen vornehme, während sie bei den «Sugus-Häusern» noch öffentlich den Schutz von Mietenden forderte.
Die SEW lud die 16 Wohnparteien und die vier Gewerbetreibenden der Liegenschaft Mitte Januar zu einer Veranstaltung ein und informierte die Mietenden über die geplante Kernsanierung.
«Es kann nicht sein», sagt Spielman, «dass städtische Stiftungen Häuser kaufen, nur um dann die bestehenden Mieterinnen und Mieter zugunsten von Sanierungen zu verdrängen».
Er und seine Fraktionskolleginnen und Fraktionskollegen fordern den Stadtrat auf, die Gründe für das Vorgehen offenzulegen, alternative Möglichkeiten zur Leerkündigung darzulegen und zu erläutern, ob Unterstützung für die betroffenen Mietenden angeboten wird.
Der Stadtrat hat bis am 7. Mai 2025 Zeit, die Anfrage zu beantworten.
Stiftung «Einfach Wohnen» mit einfachen Standards
Die Stiftung «Einfach Wohnen» will sich dazu nicht äussern: «Die Antwort des Stadtrats darf von uns nicht vorweggenommen werden», heisst es auf Anfrage von Tsüri.ch. «Von Kündigungen betroffene Mieterinnen und Mieter mit unbefristeten Verträgen erhalten Hilfe bei der Suche nach Ersatzwohnungen», betont die SEW.
«Sie haben Vorrang beim Zurückkehren in eine sanierte Liegenschaft oder in andere Liegenschaften der SEW, sofern die Vorgaben betreffend Belegung und Einkommenslimiten respektiv Haushaltslimiten erfüllt sind.»
Auf der Webseite beschreibt die SEW ihr Ziel, preisgünstige, ökologisch vorbildliche Wohnungen und Gewerberäume anzubieten, die «über einen einfachen und nachhaltigen Standard verfügen».
Die geplante Gesamtsanierung des rund 70-jährigen Gebäudes soll vor allem die Energieeffizienz verbessern, mit einem Fokus auf die Fassadensanierung, heisst es in der Kurzbeschreibung der Bauaufgabe.
Mietzinse steigen
Eine langjährige Mieterin, die anonym bleiben möchte, schildert ihre Perspektive: «Die Verwaltung hat uns gut informiert, und es gibt die Möglichkeit, nach dem Umbau zurückzukehren – sofern man es sich leisten kann.»
Doch die geplanten Mietsteigerungen von 20 bis 30 Prozent seien für sie nicht tragbar. Sie habe von der Verwaltung bereits vor einem Jahr von den Sanierungsplänen erfahren, aber erst kürzlich sei klar geworden, dass eine Renovation ohne Leerkündigung nicht möglich sei.
FDP-Gemeinderat Jehuda Spielman betont, dass bei einer städtischen Stiftung wie «Einfach Wohnen» der soziale Gedanke im Vordergrund stehen sollte.
Spielman sagt, er sehe die politische Haltung der Stadt im Handeln der Stiftung nicht widergespiegelt.
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Hinweis: Dieser Artikel ist zuerst bei «Tsüri.ch» erschienen. Autorin Nina Schneider ist Praktikantin Redaktion beim Zürcher Stadtmagazin.