Notschlafstellen bereiten sich auf Weihnachten vor
Die Schutzkonzepte des Bundes kosten während den Festtagen wertvollen Platz in den Schweizer Notschlafstellen. Infektionen sind bislang aber noch keine bekannt.
Das Wichtigste in Kürze
- Die Schweizer Notschlafstellen rüsten sich für den jährlichen Ansturm über die Festtage.
- Die Schutzkonzepte des Bundes müssen auch dort umgesetzt werden.
- Corona-Infektionen bei Obachlosen sind den Betreibern bisher keine bekannt.
Die Tage werden kürzer und die Nächte kälter. Während der Grossteil der Schweiz einfach die dicke Jacke aus dem Schrank und den warmen Schal aus dem Regal holt, stellt die Kombination aus Winter und Pandemie die Obdachlosen dieses Jahr vor eine besonders hohe Hürde.
Unterschiede bei Regionen
Eine Hürde, die offenbar je nach Region anders genommen wird. Während die Notschlafstelle in Bern und die Betten des Sozialwerks Pfarrer Sieber (SWS) im Raum Zürich praktisch voll sind, ist die Auslastung im Aargau aktuell auf tieferem Niveau als im Sommer.
In Zürich ist ein Problem, dass die Angebote Platz schaffen müssen, um die Schutzkonzepte des Bundes umsetzen zu können. «Wir haben im Sommer reagiert und unsere Kapazitäten ausgebaut», sagt Walter von Arburg, Kommunikationsbeauftragter des SWS.
Zusätzlich zum bewährten «Iglu», einer Schlafunterkunft im Winter für Arbeitssuchende aus dem Ausland, hat das SWS den Pfuusbus, die Notschlafstelle für einheimische Obdachlose, in Zürich um ein beheiztes Festzelt mit Feldbetten ergänzt sowie ein Isolationszimmer eingerichtet. Auch in Baden wird ein Zimmer für kranke Personen freigehalten.
Keine Corona-Fälle bei Obdachlosen bekannt
Trotz des Andrangs verzeichnen die Notschlafstellen bislang keine Corona-Fälle bei den Obdachlosen. Über die Gründe lässt sich aber nur spekulieren. Madeleine Dudli von der Notschlafstelle und Gassenküche Bern glaubt, dass die Betroffenen durch das Leben auf der Strasse abgehärtet sind.
Auch Daniela Fleischmann vom Verein Notschlafstelle Aargau hat dafür keine Erklärung, ist aber sehr dankbar: «Wo sollen wir hin mit einer kranken Person? Das Spital nimmt sie nicht, weil sie zuwenig krank ist, die psychiatrische Klinik nimmt sie nicht, weil sie zuwenig psychisch krank ist.» Auch bei ihnen könnte ein Covid-Fall nicht bleiben, weil diese Menschen meist durchgehende Betreuung brauchen, was in der Notschlafstelle tagsüber aber nicht möglich sei.
Ein grosses Problem sieht Fleischmann bei den Süchtigen. «Für diese Menschen gibt es kaum Möglichkeiten, ihre Krankheit in einem Bett auszukurieren. Sie können trotz Krankheit nicht drinnen bleiben, weil sie ihren Stoff besorgen müssen.»
Weihnachtszeit ist während der Pandemie besonders einsam
Werden also allfällige Infektionen einfach verschwiegen? In Zürich versucht man, dem vorzubeugen. «Wir messen vor jedem Eintritt Fieber und checken die Betroffenen auf allfällige Symptomen», erklärt von Arburg.
Aus Gesprächen weiss von Arburg, dass das Coronavirus die Obdachlosen stark verunsichert. «Sie haben sonst meist sonst keinen Rückzugsort und sind darum froh um die Notschlafstellen». Insbesondere auf die Festtage rechnet er deshalb mit noch mehr Gästen: «Auf der Strasse ist gerade Weihnachten eine sehr einsame Zeit. In der Pandemie mehr denn je.»