Novartis: Vier Millionen für Opfer von Medikamententests
In Münsterlingen TG wurden über Jahrzehnte nicht zugelassene Substanzen an Patienten getestet. Novartis beteiligt sich nun an Zahlungen für die Opfer.
Das Wichtigste in Kürze
- In Münsterlingen TG wurden über Jahrzehnte Substanzen an Hunderten von Menschen getestet.
- Die Thurgauer Regierung hat entschieden, dass Opfer finanziell entschädigt werden sollen.
- Novartis beteiligt sich «freiwillig und ausnahmsweise» an dem «Solidaritätsbeitrag».
Der Basler Pharmakonzern Novartis beteiligt sich mit 4 Millionen Franken an Solidaritätsbeiträgen für Opfer von Medikamententests. In der psychiatrischen Klinik Münsterlingen TG waren über Jahrzehnte nicht zugelassene Medikamente an Patienten getestet worden.
Menschen starben nach Medikamententests
Wie unter anderem die «Neue Zürcher Zeitung» berichtet, seien 2789 Fälle von illegalen Medikamententests dokumentiert. 36 Menschen seien während oder kurz nach der Verabreichung gestorben. Derweil hätten sich einige der getesteten Präparate als sehr wirksam und nach der Zulassung erfolgreich erweisen.
Eigenen Angaben zufolge konnte der Kanton Thurgau mit Novartis eine Vereinbarung für eine Kostenbeteiligung für Solidaritätsbeiträge treffen. Damit beteilige sich die Pharmaindustrie an rund einem Drittel der prognostizierten Kosten für die Opfer der Medikamententests.
Wissenschaftliche Aufarbeitung legte Massen-Tests offen
In der psychiatrischen Klinik Münsterlingen wurden zwischen 1940 und 1980 nicht zugelassene Medikamente an unwissende Patientinnen und Patienten verabreicht. Verantwortlich dafür war der Psychiater Roland Kuhn, der als Entdecker des ersten Antidepressivums gilt.
Die finanzielle Entschädigung soll sich auf je 25'000 Franken belaufen. Anspruchsberechtigt seien Personen, denen im Zeitraum zwischen 1940 und 1980 in psychiatrischen Kliniken im Kanton Thurgau aktenkundig Testpräparate verabreicht wurden. Allfällige Erben seien ausgeschlossen.
Aufgrund der bekannten Fälle aus der psychiatrischen Klinik Münsterlingen schätzt der Kanton die Anzahl möglicher Gesuche auf maximal 500.
2021 legte eine vom Kanton Thurgau in Auftrag gegebene wissenschaftliche Aufarbeitung die Dimension der Psychopharmaka-Tests in der Klinik Münsterlingen offen. Profitiert von den Versuchen an Menschen habe die Basler Pharmaindustrie. Novartis gilt als Nachfolgefirma der damals involvierten Unternehmen.