Oeschinensee-Beizer werden belästigt und bedroht
Der Massentourismus setzt den Betreibern des Restaurants vom Berghotel Oeschinensee zu. Wegen schwieriger Gästen gibt es jetzt nur noch Selbstbedienung.
Das Wichtigste in Kürze
- Im Restaurant am Oeschinensee ist seit dieser Saison Selbstbedienung angesagt.
- Ausserdem bleibt das Berghotel Oeschinensee für den Sommer 2023 geschlossen.
- Grund dafür ist unter anderem das unangebrachte Verhalten zahlreicher Gäste.
«Wir können den Wind nicht ändern, aber die Segel anders setzen.»
So beginnen Lea und Christoph Wandfluh ihren emotionalen Facebook-Post. In fünfter Generation betreibt das Paar das Restaurant und Berghotel Oeschinensee am beliebten und international bekannten Ausflugsziel oberhalb von Kandersteg BE.
Doch in diesem Sommer ist vieles anders im Traditionshaus im Berner Oberland. Im Restaurant gilt neu Selbstbedienung und das Hotel bleibt sogar ganz geschlossen. Die Hintergründe für diese Änderungen erschüttern.
Burnouts und Branchenwechsel
Denn die Touristen-Flut wurde dem Wirtepaar zum Verhängnis. Aufgrund der Entwicklung vom Geheimtipp zum Touri-Hotspot werde die Servicecrew des Restaurants mit «kaum erfüllbaren Gästeerwartungen» konfrontiert. «Oft ist sie einer gesellschaftlichen Respektlosigkeit, Frechheit und Arroganz ausgesetzt», schreibt das Gastro-Paar.
Die «Belästigungen, abschätzigen Bemerkungen, Pöbeleien und gar Morddrohungen» würden selbst sie als erfahrene Gastronomen aus der Fassung bringen. Die Folgen davon sind Burnouts und Mitarbeitende, die sich neu orientieren und die Branche wechseln.
Wie überall in der Branche ist es auch am Oeschinensee schwierig, Personal zu finden. Innerhalb eines halben Jahres sei ihr Team von 38 auf 23 Mitarbeitende geschrumpft. «Auf Stelleninserate erhielten wir keine einzige Bewerbung», bedauern die Wandfluhs. Und das trotz guter Arbeitsbedingungen wie Tagesbetrieb, zwei fixe Freitage pro Woche, regelmässige Teamevents und Boni.
Entscheidung erforderte «viel Mut»
Auf einem monatelangen Roadtrip hatten sich Lea und Christoph Wandfluh Gedanken über ihre Zukunft gemacht. Als sie zurückkamen, beschlossen sie, das Hotel im Sommer 2023 für Übernachtungen geschlossen zu halten und eben eine Selbstbedienung einzuführen, um die «Oeschi-Familie» zu entlasten.
Diese Entscheidung habe viel Mut erfordert. Damit wollen sie jedoch den Spass an der Arbeit und die Lebensfreude, «die uns immer ausgezeichnet hat», zurückgewinnen. Abstumpfen und verbittern sei keine Option – wie das an andern Orten mit Massentourismus so häufig passiert.