ÖV-Stempelkarten werden abgeschafft: «Geschwindigkeit erstaunt»
Die geplante Abschaffung der Mehrfahrtenkarten im ÖV bedeutet für Senioren einen weiteren Schritt zur Digitalisierung – für Pro Senectute geht das zu schnell.
Das Wichtigste in Kürze
- Die Schweizer ÖV-Betriebe und Alliance Swisspass wollen die Stempelkarten abschaffen.
- Pro Senectute fordert mehr Zeit und alternative Lösungen für Senioren.
- Laut Alliance Swisspass werden «zukunftsfähige Nachfolgelösungen» entwickelt.
Kein Stempeln mehr: Die Abschaffung der Mehrfahrtenkarten sorgt für Schlagzeilen. Die Schweizer ÖV-Betriebe und Alliance Swisspass wollen bis spätestens Ende 2025 die Stempelkarten abschaffen. An den Schweizer Bahnhöfen werden somit bald keine Entwertungskästen mehr stehen.
Die Begründung? Die Mehrfahrtenkarten würden sich nicht mehr lohnen. Dennoch wurden im vergangenen Jahr über sechs Millionen Mehrfahrtenkarten verkauft. Das sei aber gemäss dem Branchenverband Alliance Swisspass gemessen an der Gesamtzahl der Billette zu wenig.
Für die älteren Personen ist das ein weiterer Schritt in Richtung Digitalisierung. Und eine gewohnte ÖV-Variante, die wegfällt.
Digitalisierung: Alles passiert zu schnell
Für Pro Senectute Schweiz, Fachstelle für das Alter, war die Nachricht kein Schock. Peter Burri Follath, Mediensprecher von Pro Senectute Schweiz, sagt: «Vielmehr erstaunt uns die Geschwindigkeit, mit der die Einführung neuer Technologien erfolgt.» In diesem Fall sei es die Schnelligkeit, mit der die Abschaffung der Mehrfahrtenkarte vorangetrieben werde.
Seit Jahren fordere Pro Senectute, dass Anbieter ausreichend Zeit für den Einbau neuer Prozesse einplanen sollen. Es brauche eine «angemessene Übergangsphase».
«In dieser Phase sollten alternative, zumutbare Lösungen angeboten werden», wünscht sich Burri Follath. Diese beinhalten beispielsweise einen Telefonservice, kostenfreie Beratungsangebote oder sogar Schulungen. Damit eben auch ältere Menschen bei der Technologie mitkommen.
Was bedeutet dies nun für ältere Personen?
Die Reaktion auf digitale Veränderungen variiere stark, auch bei den Senioren: «Einige Personen kommen sehr gut mit den Neuerungen zurecht, während andere sich schwer damit tun.» Manche würden sich der Entwicklung sogar verweigern.
Zudem gibt er zu Bedenken: «Es gibt Seniorinnen und Senioren, die aus gesundheitlichen Gründen die Technologie gar nicht nutzen können.» Diese Personen seien im Alltag meistens bereits auf fremde Hilfe und Betreuung angewiesen, so Burri Follath.
Ausreichend Zeit für solche Änderungen sei dabei sehr entscheidend: «Wir sprechen hier von mehreren Jahren, nicht von Monaten.»
«Zukunftsfähige Nachfolgelösungen» werden entwickelt
Reto Hügli, Mediensprecher von Alliance Swisspass, spricht von vielseitigen Kundenbedürfnissen, auch bei den älteren Menschen: «Wir nehmen diese sehr ernst.»
Es gebe sehr viele Seniorinnen und Senioren, die digitale Möglichkeiten in ihrem täglichen Leben nutzen würden. Er hält aber fest: «Wir sind bestrebt, dass der Zugang zum öffentlichen Verkehr auch für nicht digital affine Reisende so einfach wie möglich bleibt.»
Zur Alternative der Mehrfahrtenkarte meint Hügli: «Mehrere Projektgruppen arbeiten intensiv an der Entwicklung zukunftsfähiger Nachfolgelösungen.» Sobald diese Lösungen spruchreif seien, werde Alliance Swisspass informieren.