Schwarzfahren: Was tun gegen notorische ÖV-Sünder?
Hierzulande fahren viele Menschen ohne Billett im ÖV – besonders Junge. Was kann gegen notorische Schwarzfahrer unternommen werden? Politikerinnen ordnen ein.
Das Wichtigste in Kürze
- Immer mehr Menschen sind im Schweizer Register für Schwarzfahrer eingetragen.
- Der Branchenverband «Alliance Swisspass» fordert jetzt härtere Strafen fürs Schwarzfahren.
- Nationalrätinnen Katja Christ (GLP/BS) und Marionna Schlatter (GPS/ZH) ordnen ein.
Die Zahl der im Schweizer Register für Schwarzfahrer eingetragenen Personen steigt kontinuierlich an. Per Ende 2023 waren fast eine Million Menschen in dem Verzeichnis registriert: Insgesamt verursacht das Schwarzfahren der Transportbranche jährliche Schäden von rund 60 bis 100 Millionen, wie der «Tages-Anzeiger» berichtet.
Einerseits verweisen die Zahlen auf ein erhöhtes Aufkommen im öffentlichen Verkehr. Andererseits aber auch auf vermehrte Billettkontrollen vonseiten der Betreiber. Überdies zeigen die Zahlen auf, dass es hierzulande im Bereich des Schwarzfahrens eine beträchtliche Anzahl Wiederholungstäter gibt.
Schwarzfahren: Viele Wiederholungstäter
Fast zwei Drittel der Einträge betreffen nämlich Personen, die bereits zuvor ohne gültigen Fahrausweis gefasst wurden. Rund sieben Prozent der registrierten Personen wurden sogar schon mindestens sechsmal ohne gültiges Billett erwischt: Sie alleine sind somit für fast ein Drittel aller Schwarzfahrten verantwortlich.
Gemäss «Tages-Anzeiger» hat die «Alliance Swisspass» deshalb intern ein Projekt ausgearbeitet, um die Zuschläge für Wiederholungstäter massiv zu erhöhen. Auf diese Weise sollen notorische Schwarzfahrer mit doppelten oder dreifachen Bussen abgeschreckt werden.
Auf der anderen Seite beinhalte die Idee der «Alliance Swisspass» auch eine Kulanz-Regel: Frei nach dem Motto «einmal ist keinmal» soll für Ersttäter gar keine oder eine geringere Strafe anfallen.
Verkehrspolitikerinnen: Ansatz gut, Augenmass besser
Grünen-Nationalrätin Marionna Schlatter erklärt auf Anfrage, dass sie diese Überlegungen von «Alliance Swisspass» im Grundsatz begrüsse: «Das Schwarzfahren ist ärgerlich und unsolidarisch gegenüber den ÖV-Benutzenden, die ihre Tickets bezahlen.»
Auch ihre grünliberale Nationalratskollegin Katja Christ ist gleicher Ansicht. Der «einmal ist keinmal»-Ansatz hingegen sei aus generalpräventiver Sicht keine gute Idee: «Wenn sich das herumspricht, werden viele Menschen einfach kein Billett mehr lösen, bis sie das erste Mal erwischt werden.» Hier solle man stattdessen auf das Augenmass des Kontrolleurs im Einzelfall setzen, erklärt die Stadtbaslerin.
Mit Blick auf härtere Strafen für Wiederholungstäter sind sich beide Nationalrätinnen einig: Es sei durchaus angebracht, eine Diskussion zu führen, wie mit ihnen umzugehen sei. Wichtig sei dabei, dass die Kosten nicht auf die Allgemeinheit abgewälzt werden, betont Marionna Schlatter. Wahrscheinlich lasse sich das Problem aber nur durch zusätzliche Kontrollen lösen, was zusätzliche Kosten verursache.
Ähnliche Töne stimmt Katja Christ an – gerade die Idee des dynamischen Ansatzes sei sehr begrüssenswert: «Das bringt Bewegung ins System – wenn die Strafen immer teuer werden, bremst dies notorische Schwarzfahrer aus.»
Zusätzliche Angebote für Jugendliche
Die Daten zeigten auch, dass es in erster Linie junge Fahrgäste sind, die im ÖV ohne gültiges Billett unterwegs sind. Entsprechend brauche es neben effektiven Kontrollen auch attraktive Angebote für Jugendliche – auch hier sind sich beide Politikerinnen einig: «Man könnte beispielsweise stark vergünstigte Angebote für Minderjährige prüfen, vornehmlich in ländlichen Regionen», erklärt Christ.
Auf diese Weise könnten die Jungen schon früh an den ÖV gebunden werden. In der Hoffnung, dass sie nach dem 18. Geburtstag nicht auf das Auto umsteigen. «Eine Investition in die Zukunft», betont Katja Christ.
Marionna Schlatter stösst ins selbe Horn: Es brauche dringend eine Diskussion über die Preispolitik im ÖV, wenn man mehr Menschen auf den ÖV bringen wolle: «Heute sind die Tickets, insbesondere für Einzelstrecken, sehr teuer», erklärt sie. Eine mögliche Lösung seien beispielsweise Mobilitätsgutscheine, die bei einer Schwarzfahrt verfallen.