Personal von RTS wendet sich direkt an Bundesrätin Sommaruga
Das Personal beim Westschweizer Radio und Fernsehen RTS hat sich in einem Brief direkt an Bundesrätin Simonetta Sommaruga gewandt.
Das Wichtigste in Kürze
- Angestellte von RTS haben sich mit einem Brief an Medienministerin Sommaruga gewendet.
- Die Fälle von Persönlichkeitsverletzungen sollen lückenlos aufgeklärt werden.
Mehr als 350 Angestellte von RTS wenden sich an Medienministerin Simonetta Sommaruga. Sie solle den SRG-Verwaltungsrat dazu bringen, die jahrelangen Fehlverhalten in der Tochtergesellschaft RTS lückenlos aufzuarbeiten.
Was bisher getan wurde, entspreche nicht den Erwartungen, beklagen die Unterzeichnerinnen und Unterzeichner des Briefes, wie die Tamedia-Zeitungen am Donnerstag berichteten.
Bericht mit 220 Zeugen
Dieser Brief, den das Schweizer Syndikat Medienschaffender (SSM) im Zusammenhang mit RTS geschrieben hat, ist bei Sommarugas Eidgenössischem Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (Uvek) eingetroffen. Dies bestätigt dieses auf Anfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA am Donnerstag.
Ein von RTS beauftragtes Genfer Anwaltskollektiv hatte am Donnerstag vergangener Woche einen Bericht mit 220 Zeugenangaben vorgelegt, wonach es in den zurückliegenden zwanzig Jahren beim Sender zu vielen Persönlichkeitsverletzungen gekommen war wie ungewollten Küssen, Begrapschen von Körperstellen sowie Diskriminierung wegen der Herkunft oder Nationalität.
Der SRG-Verwaltungsrat verabschiedete einen Massnahmenkatalog zur Verbesserung der Betriebskultur. Die Umsetzung sollte sofort beginnen. Allerdings bezeichnete die Mediengewerkschaft SSM diesen Katalog als unzureichend.
Rollen der Führungskräfte sollen geklärt werden
Im Brief an Medienministerin Sommaruga fordern die RTS-Angestellten, Rolle und Verantwortlichkeiten einzelner Führungskräfte zu klären. Der heutige Generaldirektor der Muttergesellschaft SRG, Gilles Marchand, war zur untersuchten Zeit selber RTS-Chef. Der Verwaltungsrat stellte ihm jedoch im Frühjahr ein mildes Zeugnis aus.
Obwohl der SRG-Verwaltungsrat im April die Zusammenfassung eines Zwischenberichtes zu den Verantwortungsketten und der Rolle von Kadern veröffentlichte, hielt er den gesamten Bericht unter Verschluss – auch gegenüber der Mediengewerkschaft SSM.
Und dies entgegen früheren Zusagen, wie SSM-Zentralsekretär Jérôme Hayoz im Gespräch mit Keystone-SDA sagte. Die SSM sei in der Sache zwar weiterhin diskussionsbereit und strebe eine einvernehmliche Lösung an, prüfe aber nun auch juristische Schritte.
Uvek keine formelle Aufsichtskompetenz
Das Uvek von Bundesrätin Sommaruga wies am Donnerstag erneut darauf hin, dass es in der Sache keinerlei formelle Aufsichtskompetenz habe. Die SRG sei unabhängig und somit für die Regelung personalrechtlicher Fragen allein zuständig. Die in der Verfassung und im Gesetz verankerte Unabhängigkeit sei aus staats- und medienpolitischen Erwägungen unverzichtbar und sei vom Gesetzgeber ausdrücklich festgeschrieben worden.
Die SRG sei ein unabhängiges Medienhaus mit Service-Public-Auftrag für die nationale und sprachregionale Ebene. Rechtlich sei die SRG als privater Verein organisiert, hiess es vom Uvek weiter. Oberstes Organ sei die Delegiertenversammlung; der Verwaltungsrat habe Oberleitung und Oberaufsicht.
Sommaruga hatte bereits im vergangenen Jahr nach Bekanntwerden von Belästigungs-Fällen bei RTS und RSI (Radio und Fernsehen der italienischsprachigen Schweiz) «jede Form von Diskriminierung und Belästigung» verurteilt. Sie signalisierte der SRG-Spitze, dass ein Wandel der Unternehmenskultur stattfinden müsse.