Pierin Vincenz: Prozess um Ex-Bankchef startet in Zürich
Heute Dienstag beginnt der Monsterprozess um Pierin Vincenz. Der Ex-Raiffeisenchef und ein Geschäftspartner sind wegen Betrugs angeklagt.
Das Wichtigste in Kürze
- Pierin Vincenz steht ab heute im Volkshaus vor dem Zürcher Bezirksgericht.
- Der Raiffeisenchef soll sich verdeckt an Deals beteiligt und Millionen verdient haben.
- Mit einem Geschäftskollegen soll er auch Stripclub-Besuche als Spesen abgerechnet haben.
18.00: Nach zwei Stunden Befragung wird der Prozesstag für beendet erklärt. Der Richter fragt den Ex-Raiffeisen-Chef, ob er noch etwas sagen will. Vincenz verneint, er wolle sich dies für den letzten Prozesstag aufsparen. Einen Schlusssatz hat er dennoch: «Ich habe nicht das Gefühl, etwas Kriminelles unternommen zu haben», zitiert ihn der «Blick».
Morgen Mittwoch geht es um 08.15 Uhr weiter.
17.35: Nach den Spesenabrechnungen wenden sich die Richter den Unternehmensdeals zu. Vincenz und Stocker sollen sich bereichert haben, in dem sie die Raiffeisen und Aduno dazu brachten, in Unternehmen zu investieren, bei denen sie ebenfalls Aktien besassen.
Zuerst geht es um die Firma Commtrain. Vincenz gibt zu, dass er seine Doppelrolle verheimlichte. An die Gründe, weswegen er das getan hat, kann er sich aber gemäss «Blick» nicht mehr erinnern.
17.05: Nun drehen sich die Fragen um die Spesenabrechnungen und Geschäftsreisen. So habe Vincenz viel Geld in Bars und Nachtclubs ausgegeben. Vincenz verteidigt sich, man habe dort nach dem Essen Gespräche weitergeführt.
Auch die Luxusreisen seien geschäftlich begründbar. Zu einer Reise nach Dubai, welche fast 100'000 Franken kostete, sagt Vincenz, dies sei ein Dankeschön an zwei Mitarbeiter gewesen.
Einen Flug für 7200 Franken für seine Lebensgefährtin habe Vincenz gemäss «Blick» aus Versehen der Raiffeisen in Rechnung gestellt.
16.29: Pierin Vincenz sitzt vor dem Richter. Die erste Frage: Wie hoch denn seine AHV-Rente sei? «Die monatliche Rente ist etwas mehr als 2000 Franken», zitiert der «Tages-Anzeiger» den ehemaligen Raiffeisenchef.
2019 hat Vincenz über 7 Millionen Franken als Kapitalleistung bezogen. 7,4 Millionen hat er für Rückzahlungen von Hypotheken und für Steuern verwendet. 2 Millionen gingen an seine Ex-Frau. Der Rest seiner Pensionskasse, so Vincenz, sei eingefroren.
16.21: Richter Sebastian Aeppli gibt bekannt: Der Prozess wird nicht verschoben! Sämtliche Anträge von heute Morgen sind damit abgelehnt. Nun steht die Befragung des Hauptverdächtigen Pierin Vincenz an.
16.05: Vier Stunden zog sich das Gericht zur Beratung zurück. Nun geht der Prozess rund um Pierin Vincenz und seinem Geschäftskollegen Beat Stocker im Zürcher Volkshaus weiter.
Was den ehemaligen Raiffeisenchef erwarten wird, ist ungewiss. Entweder wird der Prozess verschoben oder aber die ersten Befragungen beginnen.
Vincenz selbst sagte am Mittag zu Nau.ch: «Ich darf nichts sagen und ich kann auch nicht». Daraufhin wünsche er allen Medienschaffenden «a Guata» und begab sich an einen unbekannten Ort.
Gericht zieht sich zur Beratung zurück – Entscheid gegen 16 Uhr erwartet
11.43: Die Vorfragen sind beendet. Das Gericht zieht sich nun zur Beratung zurück. Ein erster Entscheid wird gegen 16 Uhr erwartet, wie «Blick» schreibt. Dann dürfte das Gericht entweder den Prozess unterbrechen oder aber mit den Befragungen beginnen. Im letzteren Fall würde der Hauptverdächtige Pierin Vincenz befragt werden.
11.33: Nun meldet sich die Staatsanwaltschaft zu Wort. Sie beantragt auch in diesem Fall, sämtliche Anträge abzuweisen. Unter anderem aus dem Grund, dass sich der Angeklagte aus Genf im Vorfeld durchaus kooperativ zeigte. Auch, so die Staatsanwaltschaft weiter, wisse er ganz genau, was im vorgeworfen werde.
10.50: Der Prozess geht weiter, weiter mit den Vorfragen. Dieses Mal spricht der Anwalt eines weiteren Angeklagten im Prozess rund um Pierin Vincenz.
Der Anwalt verlangt ebenfalls eine Sistierung des Verfahrens gegen seinen Mandanten, wie «Blick» schreibt. Der Grund: Die Anklageschrift sowie weitere Akten seien nicht auf Französisch übersetzt wurden. Für den Angeklagten, der ursprünglich aus Genf stammt, sei ein faires Verfahren damit unmöglich.
Der Anwalt verlangt zudem ein Beweisantrag. Dieser soll eine ältere Firmenübernahme durch seinen Mandanten betreffen.
10.15: Die Staatsanwaltschaft legt eine 30-minütige Pause ein. Währenddessen wird die Polizei angewiesen, für Ordnung zu sorgen. Niemand dürfe auf die Empore gehen oder bei den Anwälten in die Akten schauen, schreibt der «Tages-Anzeiger».
09.50: Nun kommt der Verteidiger des Nebenangeklagten Peter Wüst zu Wort. Er bittet die Staatsanwaltschaft, das Verfahren gegen seinen Mandanten einzustellen. Der Grund: Er leide an einer neurologischen Erkrankung, wie die «NZZ» berichtet. Diese mache es ihm unmöglich, Auskünfte zu geben oder an Befragungen teilzunehmen.
Trotz des «bedauerlichen Gesundheitszustandes» knickt auch hier die Staatsanwaltschaft nicht ein. Sie beantragt die Weiterführung des Verfahrens.
Wüst gehört neben Andreas Etter zu den Mitgründern von Investnet. Pierin Vincenz sowie sein Geschäftspartner Beat Stocker hatten heimliche Anteile an dem Unternehmen – später auch die Raiffeisenbank. Sie schrieb rund 100 Millionen Franken auf Investnet ab. Das Geld fordert die Bank von Stocker und Vincenz wieder ein.
09.23: Die Frage nach einer Verschiebung des Prozesses scheint noch immer nicht vom Tisch zu sein. So behauptet die Verteidigung nun, nur beschränkt Einsicht in die Akten gehabt zu haben, wie der «Tages-Anzeiger» schreibt. Doch auch hier verneint die Staatsanwaltschaft. Sie beharrt auf eine Fortsetzung der Verhandlung.
09.02: Die bisherigen Verhandlungen scheinen für den Hauptangeklagten, Pierin Vincenz, kaum von Bedeutung zu sein. Er schaut stattdessen auf sein Handy, wie der «Tages-Anzeiger» berichtet.
08.40: Der Prozess ist erst wenige Minuten im Gange und schon fordert Vincenz-Anwalt Lorenz Erni eine Verschiebung des Prozesses. Der Grund: Einer der Beschuldigten, Andreas Etter, kann wegen einer Corona-Infektion nicht teilnehmen.
«Wir kommen nicht darum herum, um diese Verhandlungen abzubrechen, um die Strafprozessordnung einzuhalten. Wenn Herr Etter zur Verügung steht, muss die Verhandlung neu beginnen», zitiert die «NZZ» den Anwalt. Andreas Etter ist einer der Gründer von Investnet und steht wegen Gehilfenschaft zu Betrug vor Gericht.
Auch Andreas Blattmann, der Anwalt von Vincenz' Geschäftskollege Beat Stocker, will eine Prozessverschiebung. Seine Begrünung: Eine angebliche Verzettelung der Hauptverhandlung. Dies würde, so die «NZZ», eine erfolgreiche Verteidigung erschweren und sei nicht im Sinne der Strafprozessordnung.
Die Staatsanwaltschaft lehnt die jeweiligen Verfahrensanträge allerdings ab. Es soll verhandelt werden.
Die wichtigsten Eckdaten zum Prozess
Im Theatersaal des Zürcher Volkshauses startet heute Dienstag eine besondere Vorstellung, deren Ende noch nicht geschrieben ist: Ex-Bankchef Pierin Vincenz und dessen Geschäftskollege Beat Stocker müssen sich unter anderem wegen Betrugs und Ausgaben in Stripclubs auf Geschäftsspesen verantworten.
Die Staatsanwaltschaft fordert für die beiden, die vor der Verhandlung zu verschiedenen Zeitpunkten die Vorwürfe zurückgewiesen hatten, eine Freiheitsstrafe von sechs Jahren. Fünf Mitbeschuldigte stehen wegen Beihilfe vor dem Gericht.
Einer der Mitbeschuldigten muss seinen Auftritt im Volkshaus jedoch verschieben. Er ist an Corona erkrankt und sitzt in Isolation. Das Gericht hat seine Befragung deshalb erst auf den 9. Februar angesetzt.
Die Verhandlung gilt als «Monsterprozess». Dies nicht nur wegen der angehäuften Akten – auch zeitlich wird die Verhandlung, die heute Dienstag startet, den üblichen Rahmen sprengen.
Die Plädoyers, welche Staatsanwaltschaft und die involvierten Anwälte angekündigt haben, sind so lang, dass der Richter diese um eine «Verdichtung» ihrer Vorträge – also eine Kürzung – gebeten hat.
Mehrere Dutzend Medienvertreter angemeldet
Der Prozess rund um den langjährigen Chef der drittgrössten Schweizer Bankengruppe bringt das Zürcher Bezirksgericht auch in gewisse organisatorische Nöte. Die angesetzten Verhandlungstage in dieser Woche von Dienstag bis Freitag sowie am 9. Februar dürften kaum ausreichen. Es werden nun Zusatztermine gesucht, die allen Beschuldigten und Rechtsvertretern passen.
Zudem gibt es auch gewisse räumliche Einschränkungen. Da das Bezirksgericht angesichts des Publikumsinteresses – es sind mehrere Dutzend Medienvertreterinnen und Medienvertreter angemeldet – zu klein ist, tagt es extern im Volkshaus.
Pierin Vincenz und Stocker sollen 25 Mio. eingestrichen haben
Gemäss Staatsanwaltschaft sollen der ehemalige Raiffeisenchef Pierin Vincenz und dessen Geschäftskollege Beat Stocker mit Firmendeals, bei denen sie sich verdeckt beteiligt hatten, sowie Besuchen in Rotlicht-Etablissements auf Geschäftsspesen einen unrechtmässigen Gewinn von insgesamt 25 Millionen Franken eingestrichen haben.