Qualzucht-Kritik: Migros & Coop halten an Norwegen-Lachs fest
Ein neuer Bericht deckt auf: Norwegische Lachsfarmen verursachen grosses Tierleid. Schweizer Detailhändler verkaufen trotzdem weiter norwegischen Lachs.
Das Wichtigste in Kürze
- Norwegische Lachszuchten leiden unter hoher Sterblichkeit durch Krankheiten und Parasiten.
- Die Verbraucherschutzorganisation «Foodwatch» spricht von miserablen Lebensumständen.
- Detailhändler nehmen den norwegischen Zuchtlachs vorerst nicht aus dem Sortiment.
In Deutschland hat «Foodwatch» die Detailhändler aufgefordert, Lachs aus Norwegen aus dem Sortiment zu nehmen. Die Verbraucherschutzorganisation beruft sich dabei auf die miserablen Lebensumstände der Fische in den norwegischen Lachszuchten.
Laut einem Bericht starb im letzten Jahr jeder sechste Fisch schon vor der Schlachtung. Insgesamt beläuft sich die Zahl laut «Foodwatch» auf 100 Millionen Fische, die in den norwegischen Zuchten gestorben seien.
Als Hauptursachen werden Krankheiten, Verletzungen und Parasiten angegeben. Diese breiten sich rasant aus, da in Zuchtbetrieben sehr viele Fische auf engem Raum leben.
Detailhändler verkaufen vorerst weiter norwegischen Zuchtlachs
Lachs aus norwegischer Zucht wird auch hierzulande in grossen Mengen konsumiert. Ein Grossteil der rund 16'000 Tonnen Lachs, der im letzten Jahr in die Schweiz kam, stammte aus Norwegen. Lachs ist seit Jahren der meistverkaufte Speisefisch in der Eidgenossenschaft.
Der «Beobachter» wollte deshalb von Schweizer Detailhändlern wissen, wie sie auf die Kritik zu den norwegischen Lachszuchten reagieren werden. Zusammengefasst: Norwegischen Lachs aus dem Sortiment zu nehmen, plant derzeit keiner.
Die Migros schreibt etwa auf Anfrage demnach vage, man sei sich der Problematik bewusst und habe bereits Kontakt mit dem Lieferanden aufgenommen.
Konsumenten können sich nicht auf Labels verlassen
Alle Detailhändler stützen sich laut dem Magazin bei der Beurteilung von Nachhaltigkeit und Qualitätsstandards auf Zertifizierungen wie MSC, Global GAP oder ASC.
Doch wie die Untersuchung von «Foodwatch» zeigt, können Konsumentinnen und Konsumenten selbst bei zertifizierten Produkten nicht sicher sein, dass die Fische artgerecht gehalten werden.
So verspricht etwa eine ASC-Zertifizierung unter anderem eine nachhaltige Zucht mit Fokus auf Tierwohl und Transparenz. Doch die Untersuchung von «Foodwatch» hat ergeben, dass bei zehn ASC-zertifizierten Lachsprodukten nur zwei von acht befragten Lieferanten die Herkunft ihres Lachses offenlegten.
Zusammengefasst kommt «Foodwatch» zum Schluss, dass die Labels nicht dazu beitragen, das Tierwohl zu verbessern. ASC hat inzwischen auf den Bericht reagiert und mehreren Fischzuchten die Zertifizierung entzogen.
WWF: Lachs nur gelegentlich als Delikatesse konsumieren
Sowohl Coop als auch Lidl lassen sich vom WWF bei der Zertifizierung ihrer Produkte beraten. Der WWF stuft das ASC-Label laut dem «Beobachter» derzeit als das verlässlichste für konventionelle Aquakultur ein. Damit ist die Massentierhaltung in grossen Zuchtanlagen gemeint.
Die internationale Natur- und Umweltschutzorganisationen sieht aber noch Verbesserungspotenzial in den Bereichen «Umweltfreundlichkeit» und «Tierwohl».
Während der WWF zur gelegentlichen Einnahme von Lachs als Delikatesse rät, empfiehlt er MSC-zertifizierten Wildlachs aus Alaska oder Bio-Lachs aus Schweizer Kreislaufanlagen.