Rattensichtungen nehmen zu – hier hat es die meisten
Unsere Nachbarländer kämpfen mit Rattenplagen. In der Schweiz gab es zuletzt mehr Meldungen – gleichzeitig fordern Tierschützer ein Rattengift-Verbot.
Das Wichtigste in Kürze
- Ratten sorgen im nahen Ausland immer wieder für Probleme – es gibt regelrechte Plagen.
- Auch in der Schweiz gab es letztes Jahr lokal mehr Sichtungen.
- Über die Gründe lässt sich nur spekulieren. Littering und das Klima sind Thesen.
Berichte über Rattenplagen im nahen Ausland häufen sich: Aus dem Südtirol (I) unweit der Schweizer Grenze meldete die «Frankfurter Rundschau» im Herbst, Ratten würden sich zunehmend vermehren.
In München machen sich die Schädlinge an Bahnhöfen und in Parks breit. Es gibt sogar ein Video einer Ratte, die gemütlich Dönerfett auf der Arbeitsfläche einer Dönerbude frisst.
Und in Karlsruhe muss im Sommer gar eine Kita geschlossen werden – wegen Ratten!
Doch auch in der Schweiz fühlen sich die Nager wohl.
Biologin Rahel Beck von der Solothurner Schädlingsbekämpfer-Firma Rentokil, die schweizweit tätig ist, erklärt bei Nau.ch: «2024 habe ich bei einigen Kunden festgestellt, dass wir eine erhöhte Nageraktivität vernehmen können im Vergleich zu 2023.»
Es seien zwar mehrheitlich Wellenbewegungen, kein wirklicher Trend.
Doch auch eine Umfrage von Nau.ch ergibt, dass mehrere Städte 2024 Zunahmen von Meldungen verzeichneten. Darunter Zürich – die grösste Stadt der Schweiz.
Menschen entsorgen Essen im Gebüsch – Ratten freuts
«In der Stadt Zürich kommen Ratten vor allem entlang der See- und Flussufer vor», sagt Gabi Müller. Sie ist Biologin und leitet die Fachstelle für Schädlingsprävention.
Seit 1994 sei die Zahl der Ratten-Meldungen in Zürich stark gesunken. Allerdings befindet sie sich inzwischen wieder auf leicht höherem Niveau, wie die Zahlen der Stadt zeigen.
Das erklärt Müller wie folgt: «Es gibt mehr Leute, die sich auf öffentlichem Raum verpflegen und mehr Meldungen durch Bewohnerinnen und Bewohner.»
Ratten-Sichtungen nahmen letzten Sommer zu
In Basel wurde im Sommer eine leichte Erhöhung der Ratten-Meldungen festgestellt, wie es auf Anfrage beim Basler Gesundheitsdepartement heisst.
Die sei inzwischen jedoch wieder abgeklungen.
Wichtig: Steigt die Zahl der Meldungen, ist es lediglich ein Hinweis, dass mehr Ratten umherhuschen könnten. Ob das tatsächlich der Fall ist, ist nicht bekannt.
Warum es zu einer Populations-Zunahme gekommen sein könnte, ist unklar. Auch die Stadt Basel lässt jedoch verlauten, dass der wichtigste Einflussfaktor das Nahrungsangebot sei.
In St. Gallen waren im letzten Sommer ebenfalls an einer Stelle vermehrt Ratten zu beobachten, wie ein Sprecher sagt. Der Bereich Kornhausplatz sei betroffen gewesen.
Ein Fall aus Olten SO sorgte zudem kürzlich für Schlagzeilen: Dort lebte ein Mann auf einem Grundstück mit über 150 Ratten. Er hatte die Tiere gefüttert, sodass sie sich derart vermehrten.
Bauarbeiten scheuchen Ratten in Kanalisation auf
Rattenplagen an der Oberfläche, wie man sie aus anderen europäischen Städten kennt, gibt es in Bern laut dem Tiefbauamt nicht.
Aber: Bauarbeiten können dazu führen, dass die Tiere – die gerne in der Kanalisation leben – aufgescheucht werden. Das führt lokal zu einer Zunahme von Sichtungen an der Oberfläche.
In Bern ist die Rattenpopulation in der Kanalisation insgesamt stabil, eine Zunahme stellt das Tiefbauamt nicht fest.
Ähnlich klingt es aus Luzern: Dort hat die Zahl der Ratten zuletzt weder zu- noch abgenommen.
Klima und Littering schuld?
Zu den möglichen Gründen für lokale Zunahmen sagt Schädlingsbekämpferin Beck: «Meist spielen viele Faktoren eine Rolle. Ich spekuliere einmal, dass das Klima für die Nager förderlich war.»
In Zürich, wo sie sich gerne am Ufer aufhalten, vermutet Biologin Gabi Müller Essensreste als wichtigen Grund für die Meldungs-Zunahme.
Die Menschen entsorgen ihre Reste nach einem Picknick im Gebüsch – das freut die Ratten.
«So können sie sich gut vermehren. Denn Nagetiere passen die Anzahl Junge der Menge an Futter an», sagt sie. «Das ist auch ein Grund, warum wir eine übermässige Vogelfütterung kritisch sehen.»
Das Berner Tiefbauamt warnt davor, Speisereste etwa über die WC-Spülung oder anderweitig in der Kanalisation zu entsorgen.
Einerseits sei das nicht erlaubt – andererseits biete es Ratten «ein bequemes Nahrungsangebot».
Städte bekämpfen Ratten mit Fallen
Über Plagen wie im nahen Ausland klagen die Schweizer Städte zwar nicht.
Dennoch sorgen Ratten punktuell für Probleme: Die Tiere können Krankheiten verbreiten, Lebensmittel kontaminieren und durch Nagen Sachschäden verursachen.
Viele leisten daher nicht nur Präventionsarbeit, sondern bekämpfen auch die bestehenden Populationen.
«An verschiedenen Orten werden durch einen externen Schädlingsbekämpfer Rattenfallen gestellt», heisst es etwa aus Luzern.
Schädlingsbekämpferin Rahel Beck ergänzt: «Man bekämpft Ratten mit Rodentiziden und versucht, die Zugänge zu den Gebäuden zu verschliessen. Durch Sensibilisierung der Anwohner versucht man, das Abfallmanagement rattenunfreundlich zu gestalten.»
Mechanische Methoden dürften künftig an Bedeutung gewinnen.
Denn: «Wir haben vermehrt mit Einschränkungen in den chemischen Behandlungsmethoden zu rechnen», sagt Beck.
Tierschützer wollen Rattengift verbieten
Damit spricht sie Forderungen an, Rattengifte zu verbieten. Gegner, etwa Ständerätin Céline Vara (Grüne, NE) oder der Schweizer Tierschutz STS, warnen vor negativen Folgen für Haustiere.
«Nagergifte sind aus Tierschutzsicht hochproblematisch. Der STS begrüsst es sehr, wenn diese verboten würden», sagt Zoologin Arlette Niederer vom STS zu Nau.ch.
Einerseits seien die häufig eingesetzten Gerinnungshemmer für die Ratten mit viel Schmerz verbunden.
Andererseits «stellen solche Giftköder auch für andere Tiere eine grosse Gefahr dar», argumentiert sie.
Schädlingsbekämpferin Beck meint: «Es wird sich zeigen, wie effizient mechanische Methoden sind – und den Nagerbestand in Schach halten können.»