Revision der Lärmschutzregeln stösst auf geteiltes Echo
Die Revision des Lärmschutzgesetzes soll beim verdichteten Bauen für mehr Möglichkeiten sorgen. Doch viele sehen darin eine zu starke Schwächung der Regeln.
Das Wichtigste in Kürze
- Mit einer Änderung des Lärmschutzgesetzes will man Hürden für verdichtetes Bauen mindern.
- In gewissen Bereichen soll es erlaubt sein, die festgelegten Grenzwerte zu überschreiten.
- Das stösst bei manchen aber auch auf Kritik.
An den Vorschlägen des Bundesrats zum Lärmschutz scheiden sich die Geister. Das zeigen die Antworten in der Vernehmlassung zu einer vorgeschlagenen Änderung des Umweltschutzgesetzes. Die Vernehmlassungsfrist endete am Donnerstag.
Grenzwert kann überschritten werden
Mit der Änderung möchte die Landesregierung «die Möglichkeiten zur Siedlungsentwicklung nach innen verbessern und gleichzeitig die Bevölkerung vor Lärm schützen», wie sie im September in einer Mitteilung gibt. Konkret geht es darum, Hürden für verdichtetes Bauen abzubauen.
Neu soll das Gesetz Kriterien für die Erteilung von Baubewilligungen in lärmbelasteten Gebieten enthalten. Heute ist die Erteilung einer Bewilligung an Grenzwerte geknüpft, ab denen Lärm das Wohlbefinden von Bewohnerinnen und Bewohner beeinträchtigt. Der Bundesrat möchte in bestimmten Zonen die Überschreitung dieser Grenzwerte zulassen, sofern gewisse Mindeststandards garantiert sind.
Jede Wohnung müsste demnach eine Mindestanzahl Zimmer aufweisen, in denen der Schutz vor belastenden Lärmimmissionen gewährleistet ist. Und die Bewohnerinnen und Bewohner müssten zu Fuss Erholungsräume im Freien erreichen können.
Schwächung von Lärmschutz
Viele sehen darin allerdings eine zu starke Schwächung des Lärmschutzes. In einigen Gebieten würde es neu ausreichen, wenn lediglich die Hälfte der Zimmer gegen Lärm geschützt seien, moniert der Verkehrs-Club der Schweiz (VCS).
Dies sei umso problematischer, da die in der Gesetzgebung vorgesehenen Grenzwerte schon heute klar zu hoch seien, um die Gesundheit effektiv zu schützen, so der VCS.
Aus Sicht der Lärmliga Schweiz schafft die vorgeschlagene Revision mehr Interpretationsspielraum bei den Grenzwerten, statt die Ursachen des Lärms anzugehen. Strassen und andere Infrastrukturbauten führten zu zu viel Lärm, kritisiert sie. Was es brauche, seien bauliche Massnahmen und Geschwindigkeitsreduktionen.
Eine von sieben Personen sei an ihrem Wohnort tagsüber schädlichem oder störendem Strassenlärm ausgesetzt, eine von acht Personen während der Nacht, schreibt der Bundesrat in seinem Bericht. Das Problem betreffe vor allem Städte und Agglomerationen.
Schädliche Folgen von Lärm
Auch der Kanton Genf stellt sich in seiner Stellungnahme gegen das Vorhaben des Bundesrats. Das Projekt entspreche weder den für den Kanton relevanten Verdichtungszielen noch den Bedürfnissen des Lärmschutzes in den betroffenen Gebieten. Auch für den Betrieb des Genfer Flughafens schaffe es keine passenden Rahmenbedingungen.
Der Kanton Waadt wendet ein, die Einführung von Erholungsräumen schütze die Bevölkerung nicht vor schädlichen Folgen von Lärm. Sie dürfe nicht dazu dienen, den Lärmschutz zu schwächen.
Economiesuisse: Regeln bremsen Neubau- und Sanierungsprojekte
Dagegen begrüsst der Wirtschaftsdachverband Economiesuisse das Vorhaben. Aus wirtschaftlicher Sicht sei es wichtig, dass die Verdichtung der Siedlungsgebiete einfacher vorangetrieben werden könne, schreibt er. Der Lärmschutz solle dabei nicht das einzige Kriterium sein, und es bräuchte eigentlich noch weitere Massnahmen.
Derzeit bremsten die Bestimmungen zum Lärmschutz Neubau- und Sanierungsprojekte nicht nur dann, wenn sie der Verdichtung dienten, sondern sogar, wenn sie in Sachen Lärmschutz eine Verbesserung brächten, so Economiesuisse.
Die FDP ist der Meinung, das Vorhaben gehe in die richtige Richtung und sorge für mehr Rechtssicherheit. In einzelnen konkreten Punkten seien aber noch Nachbesserungen nötig. Die neuen Vorgaben betreffend Freiräume zur Erholung seien nicht umsetzbar.
Die SVP spricht sich insbesondere gegen Änderungen aus, welche die Eigentumsgarantie verletzen und zu zusätzlichen Kosten für Liegenschaftsbesitzer führen könnten.