Revision des Urheberrechts ist unter Dach und Fach
Das Wichtigste in Kürze
- Das Ziel der Revision war es, das Urheberrecht ans Internetzeitalter anzupassen: Der Bundesrat wollte die Interessen von Kulturschaffenden besser schützen, ohne die Internetnutzer zu kriminalisieren.
Weil die Interessen stark auseinandergingen, setzte er die Arbeitsgruppe Agur 12 ein, in welcher Kulturschaffende, Produzenten, Nutzer, Konsumenten und die Verwaltung vertreten waren. Auf deren Vorschlägen basieren die nun beschlossenen Gesetzesänderungen.
Kern der Vorlage ist die Pirateriebekämpfung. Diese soll bei den Schweizer Hosting Providern erfolgen, die Inhalte speichern. Bereits heute entfernen Provider in der Regel auf Meldung hin Inhalte von ihren Servern, wenn diese Urheberrechte verletzen.
Künftig müssen Schweizer Hosting Provider - falls sie eine besondere Gefahr von Urheberrechtsverletzungen schaffen - mehr tun und dafür sorgen, dass die illegalen Angebote nicht wieder hochgeladen werden. Tun sie das nicht, können sie strafrechtlich belangt werden. Zudem wird eine gesetzliche Grundlage geschaffen, um IP-Adressen von Urheberrechtsverletzern zu sammeln.
Für Musik- und Filmschaffende sowie Musik- und Filmproduzenten wird die Schutzfrist verlängert, und zwar von fünfzig auf siebzig Jahre. Ausgeweitet wird zudem der Schutz für Fotografien.
Heute schützt das Urheberrecht Fotografien nur dann, wenn sie einen individuellen Charakter aufweisen. Professionelle Fotografen und Hobbyfotografen können sich kaum gegen eine ungewollte Übernahme ihrer Bilder wehren. Künftig sind alle Fotografien geschützt.
Die Vergütung für die Filmschaffenden bei der Video-on-Demand-Verwendung wird neu über die Verwertungsgesellschaften eingezogen. Die Filmschaffenden versprechen sich von der kollektiven Wahrnehmung höhere Erlöse.
Das System der Video-on-Demand-Vergütung ist beschränkt auf Filme von Schweizer Produzenten sowie auf Filme aus Ländern, die einen kollektiv wahrzunehmenden Vergütungsanspruch vorsehen. Bei der Filmmusik bleibt es beim bestehenden System der freiwilligen Verwertung durch eine Verwertungsgesellschaft.
Öffentliche und öffentlich zugängliche Bibliotheken werden tariflich begünstigt. Das Parlament reagierte mit dieser Regelung auf einen Entscheid der Eidgenössischen Schiedskommission von letztem Dezember, an welche die Verwertungsgesellschaften gelangt waren.
Die Schiedskommission entschied, dass Bibliotheken für die Vermietung auch dann eine Urhebergebühr zahlen müssen, wenn sie von den Benutzerinnen und Benutzer eine pauschale Gebühr verlangen - nicht nur dann, wenn sie eine Zahlung pro Buch verlangen. Im Gegenzug hat das Parlament nun eine tarifliche Begünstigung beschlossen.
Zuletzt war noch umstritten, ob Hotels, Spitäler und Gefängnisse für die Verwendung öffentlicher Werke in ihren Räumen weiterhin zahlen müssen oder nicht. Der Nationalrat wollte die Abgabe zunächst abschaffen - vor allem zur Entlastung der Hotels, die für TV-Geräte in den Zimmern zahlen müssen.
Am Montag hat er aber eingelenkt und ist dem Ständerat gefolgt. Die Abgabe wird beibehalten. Die Gegnerinnen und Gegner der Abschaffung hatten vor Konflikten mit internationalen Bestimmungen gewarnt. Ausserdem würde die Streichung auf Kosten der Kulturschaffenden gehen.
Zur Diskussion stand im Laufe der Beratungen auch ein Leistungsschutzrecht für Presseverlage: Die Betreiber sozialer Netzwerke und anderer Internetplattformen sollten den Verlagen eine Vergütung schulden, wenn sie journalistische Inhalte zugänglich machen.
Die EU hat vor kurzem ein solches Leistungsschutzrecht beschlossen. Wie die einzelnen Länder dieses umsetzen, ist aber noch unklar. Daher beschloss das Parlament am Ende, abzuwarten und die aktuelle Revision nicht wegen dieser Frage zu verzögern. Das Gesetz müsse ohnehin in absehbarer Zeit wieder revidiert werden, hiess es.
Ebenfalls erwogen und verworfen hat das Parlament eine Regelung zum Replay-TV. Viele Zuschauerinnen und Zuschauer schalten bei Werbung auf Schnellvorlauf, wodurch Werbeeinnahmen entfallen. Die Rechtskommission des Nationalrates wollte deshalb im Gesetz verankern, dass die Kabelnetzunternehmen das Überspulen der Werbung nur dann ermöglichen dürfen, wenn der TV-Sender dem zugestimmt hat.
Der Vorschlag fiel aber durch. Die Gegnerinnen und Gegner befürchteten, dass die Fernsehsender das Überspringen der Werbung nicht erlauben oder dafür Gebühren erheben würden, die auf die Konsumentinnen und Konsumenten abgewälzt würden.
Der Bundesrat hatte ursprünglich etliche weitere Massnahmen vorgesehen, etwa gegen Peer-to-Peer-Netzwerken wie Musiktauschbörsen. In der Vernehmlassung stiessen diese aber auf Kritik. Insgesamt waren rund 1200 Stellungnahmen mit einem Volumen von 8000 Seiten eingegangen.