Rupperswil-Morde: Einige Richter wollten lebenslängliche Verwahrung
Nachdem die schriftliche Urteilsbegründung im Rupperswiler Mordprozess nun vorliegt, stellt sich die Frage, warum Thomas N. nicht lebenslang verwahrt wird.
Das Wichtigste in Kürze
- Die Urteilsbegründung zum Vierfachmord von Rupperswil AG liegt seit gestern vor.
- Das Bezirksgericht entschied sich für eine ordentliche Verwahrung von Thomas N.
- Trotzdem argumentierte eine Minderheit im Gericht dafür, dass er lebenslang verwahrt wird.
Seit gestern Mittwoch liegt das schriftlich begründete Urteil des Bezirksgerichts Lenzburg zum Prozess um den Vierfachmord von Rupperswil AG vor. Im März wurde der 34-jährige Thomas N. für seine Taten zu einer lebenslänglichen Freiheitsstrafe und einer ordentlichen Verwahrung verurteilt
In der 161-seitigen Begründung heisst es, dass für die von der Anklage geforderte lebenslängliche Verwahrung eine wichtige Voraussetzung fehlt. Der Beschuldigte ist nämlich nicht von zwei unabhängigen Gutachtern als dauerhaft untherapierbar erklärt worden. Beide Psychiater gaben an, dass der Beschuldigte therapierbar sei.
Für eine lebenslängliche Verwahrung
Wie die «Aargauer Zeitung» nun schreibt, hatte die Staatsanwältin Barbara Loppacher in ihrem Plädoyer versucht, die beiden Gutachter zu umgehen. Indem sie die Widersprüche der Psychiater aufgezeigt und eine eigene Erklärung formuliert, hatte sie versucht, eine lebenslängliche Verwahrung durchzusetzen. Laut ihrer Formulierung sei der Täter nicht psychisch krank und darum nicht therapierbar.
Auch eine Minderheit des Gerichts folgte der Meinung der Staatsanwältin. Im schriftlichen Urteil zeigt sich, dass die Bezirksrichter auf die Botschaft des Bundesrats von 2005 zur Umsetzung der Verwahrungsinitiative verweisen: «Der erklärte Wille des Gesetzgebers war es, dass auch psychisch gesunde, beziehungsweise nicht gestörte Täter verwahrt werden können, wenn die übrigen Voraussetzungen gegeben sind.»
Des Weiteren erklären die unterlegenen Richter die Widersprüche der Psychiater mit einer Unsicherheit aufgrund der «Einzigartigkeit des Falles». Sie verweisen auf die vorsichtigen Aussagen der Gutachter und begründen, dass die Vierfachtötung nicht ohne weiteres auf eine psychische Störung zurückzuführen und darum auch kein Behandlungsbedürfnis und keine Therapierbarkeit vorhanden sei.
Gegen eine lebenslängliche Verwahrung
Die Mehrheit des Bezirksgerichts hingegen verweist gemäss «Aargauer Zeitung» auf den hohen Massstab für eine lebenslängliche Verwahrung. Es brauche für diesen Entscheid auf jeden Fall die ausdrückliche Äusserung der Gutachter. Sie kritisieren zudem das Vorgehen von Barbara Loppacher, die die Psychiater in der Befragung mit ihrer eigenen Meinung konfrontiert haben soll.
Die Staatsanwältin zeigt sich schliesslich trotz ihrer teilweisen Niederlage zufrieden mit dem «guten Urteil». Sie und die anderen Parteien haben nun 20 Tage Zeit, um Berufung einzulegen.