Russland erhält trotz Sanktionen Schweizer Maschinen
Die russische Rüstungsindustrie produziert mithilfe von Schweizer Maschinen Waffen. Weil Sanktionen die Lieferung verbieten, denkt sich Russland Umwege aus.

Das Wichtigste in Kürze
- Über 100 Schweizer Maschinen sind seit dem Ukraine-Krieg in Russland gelandet.
- Sanktionen verbieten die Auslieferung – über Umwege kommen sie aber trotzdem an.
- Eine Tarnfirma in der Türkei soll Maschinen für Russland beschaffen haben.
Schweizer Werkzeugmaschinen dürfen infolge der Sanktionen gegen Russland nicht mehr in das Land geliefert werden. Es besteht die Annahme, dass sie in der Waffenindustrie eingesetzt werden könnten.
Trotzdem schafft es Russland, auch während des Kriegs in der Ukraine noch an Schweizer Präzisionsmaschinen zu gelangen. Recherchen von «SRF Investigativ», die sich auf russische Zolldaten stützen, zeigen: Über 100 Exemplare gingen seither in das Land – wenn auch indirekt.

Die Hochpräzisionsmaschinen wurden etwa im Kalaschnikow-Sitz in Ischewsk gesichtet.
Via Türkei nach Russland
Aber wie landen Schweizer Maschinen trotz Sanktionen in Russland?
Ein Beispiel: Zwölf Maschinen der Tornos AG landen bei einem Zulieferer der russischen Rüstungsindustrie. Zwei davon exportiert das Schweizer Unternehmen im Jahr 2023 in die Türkei.
Empfängerin ist eine türkische Firma, bei der es sich aber eigentlich um eine Tarnfirma handeln soll. Laut internationalen Recherchen beliefert sie Russland mit westlichen Maschinen.
Eine der gelieferten Maschinen landet kurz darauf in Russland beim Promtech-Konzern. Dieser beliefert Russlands Rüstungsindustrie.
Tornos sagt zu «SRF Investigativ», sie halte sich an die gültigen Gesetze und Richtlinien: «Uns sind bisher keine Fälle bekannt, in denen wir vom Empfänger über den Endverwendungszweck unserer Maschinen getäuscht wurden. Einen zweckwidrigen Einsatz unserer Produkte lehnen wir kategorisch ab.»
Selenskyj-Berater: Maschinen können geortet werden
Dem Berater des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj, Mychajlo Podoljak, reicht das nicht. Er findet, die Schweizer Hersteller liegen in der Verantwortung.
«Sie verkaufen softwaregesteuerte Hightechprodukte. Wenn man heute jedes Telefon orten kann, dann auch diese Maschinen. Die Hersteller wissen genau, wohin geliefert und verkauft wird. Aber wenn sie mit der Überwachung beginnen, verlieren sie Gewinne, und die wollen sie nicht verlieren.»
Stefan Brupbacher, Direktor des Branchenverbands Swissmem, ist anderer Meinung. «Swissmem unterstützt Unternehmen unter anderem durch Schulungen, um missbräuchliche Weiterleitungen zu verhindern.»
«Mit viel krimineller Energie» könnten ausländische Käufer die Sicherheitsmassnahmen jedoch durchbrechen, sagt Swissmem-Direktor Brupbacher. «Jede Firma, die betroffen ist, bedauert das. Wir als Verband bedauern das auch».
«SRF Investigativ» stiess auf keine Hinweise, wonach die Schweizer Hersteller selbst Umgehungsgeschäfte gemacht hätten.
Schweizer Hersteller wissen von nichts
Weitere Maschinen, die trotz des Verbots in Russland auftauchen, stammen von den Schweizer Herstellern Schaublin oder Fritz Studer. Sie sagen, sich an Gesetze und Exportkontrollbestimmungen zu halten.
Der grösste Teil der seit Frühling 2022 nach Russland gelangten Schweizer Maschinen kommt von Georg Fischer. Dabei geht es um insgesamt über die Hälfte der betroffenen Maschinen. Die Georg-Fischer-Division GF Machining Solutions ist einer der wichtigsten Maschinenherstellern in Europa.

Das Unternehmen betont, «alle Rechte, Vorschriften, nationale und internationale Sanktionen sowie die internen Compliance-Prozesse» stets eingehalten zu haben.
«Wir sind bestrebt, aktuellen russischen Beschaffungsversuchen entgegenzuwirken. Trotz aller Anstrengungen kann nicht ausgeschlossen werden, dass gebrauchte Maschinen von Märkten aus aller Welt nach Russland gelangen.»
Georg Fischer hat eigenen Angaben zufolge Maschinen für über fünf Millionen Franken zurückgekauft, damit diese nicht in Russland landeten. Die Geschäfte mit dem Land habe man nach Beginn des Ukraine-Kriegs umgehend gestoppt.