Ukraine-Krieg Schweizer Chips in Russen-Waffen gefunden
Trotz Sanktionen gelangen offenbar immer wieder Schweizer Bauteile in russische Waffen, die im Ukraine-Krieg zum Einsatz kommen. Wie ist das möglich?
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Das Wichtigste in Kürze
- Fünf Prozent der westlichen Bauteile in Russen-Waffen kommen von Schweizer Herstellern.
- Diese gelangen über Drittstaaten zu Putin - es sind sogenannte Umgehungsgeschäfte.
- Ausserdem wird offenbar eine neue Methode zur Verschleierung von Lieferketten angewandt.
In Kiew untersucht ein spezialisiertes Institut, seit der Annexion der Krim, russische Waffensysteme, die im Ukraine-Krieg eingesetzt werden. Gegenüber «SRF Investigativ» sagt Nataliia Nestor, stellvertretende Direktorin des im ukrainischen Justizministerium unterstehenden Institut, dass ihr Team immer wieder Komponenten aus der EU, den USA – «und auch aus der Schweiz» finden würden.
Wie ist das trotz der Sanktionen möglich? Kurz-Antwort: Über Umwege! Über Drittstaaten wie China gelangten diese Bauteile nach Russland. Laut ukrainischen Schätzungen waren demnach 2023 ungefähr fünf Prozent der westlichen Bauteile in russischen Waffen von Schweizer Herstellern.
Shahed-Drohne mit Schweizer Mikrochip im Ukraine-Krieg
«SRF» berichtet, dass eine Analyse von russischen Zolldaten, diese Umgehungsgeschäfte bestätigt. Zudem würde sich eine neue Methode zur Verschleierung von Lieferketten zeigen, heisst es.
Das Kiewer Institut hat kürzlich eine zerstörte Shahed-Drohne analysiert. In ihrem Kopf fand sich ein Schweizer Mikrochip, auf dem gut sichtbar das Herstellungsdatum Mai 2021 vermerkt ist – also vor Beginn des Krieges. Doch auf dem internen Speicher des Chips ist August 2024 eingetragen.
Der Mikrochip stammt vermutlich von der Zürcher Firma U-Blox. Zur Manipulation des Herstellungsdatums schreibt sie: «Es ist davon auszugehen, dass das Originallabel entfernt und ersetzt wurde, um den Verkäufer zu anonymisieren.» U-Blox betont, dass es alle Geschäftsbeziehungen nach Russland mit Kriegsbeginn beendet habe.
Trotz Sanktionen gelangen weiterhin Bauteile nach Russland
Anfang 2024 verschärften die EU und die Schweiz ihre Sanktionen gegen Russland wegen dem Ukraine-Krieg. Hersteller von Mikroelektronik sind nun verpflichtet, ihre Handelspartner vertraglich daran zu binden, keine Lieferungen nach Russland weiterzuleiten.
«SRF Investigativ» fand laut dem Bericht keine Hinweise darauf, dass Schweizer Unternehmen selbst an Umgehungsgeschäften beteiligt waren. Dennoch greifen die Vorschriften bei dieser weit verbreiteten und auch zivil genutzten Massenware nicht lückenlos.
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Russische Zolldaten würden dann auch belegen, dass auch nach März 2024 weiter Schweizer Bauteile in Russland landeten. In dem Bericht werden mehrere betroffene Firmen erwähnt.
Es heisst ausserdem, dass das Staatsekretariat für Wirtschaft (Seco) mögliche Sanktionsverstösse kontrolliere, es bislang aber keine Verfahren gegen Hersteller von Mikroelektronik gebe. Mit betroffenen Firmen sei man «in Kontakt», heisst es.