SBB: Datenschützer warnen wegen Überwachung vor Kaufbeeinflussung
Die Überwachungspläne der SBB sind für eine Expertin Grund zur Sorge. So könne man Pendler zu besseren Kunden machen.
Das Wichtigste in Kürze
- Die SBB will mit dezent installierten Kameras die Abschöpfungsrate erhöhen.
- Könne man eine Kundin zum Kauf triggern, sei sie eine bessere Kundin.
- Eine Datenschützerin warnt, dass alle Daten positiv und negativ genutzt werden könnten.
Überwachung bei der SBB: Ab September 2023 werden rund 50 Bahnhöfe mit «dezent» installierten Kameras gefilmt. Auch das Kaufverhalten der Kundinnen und Kunden soll nebst den Passantenströmen analysiert werden. Darüber berichtet der «Ktipp».
Eine Kamera könne durchaus Sinn ergeben, sagt Ursula Uttinger, die an der Hochschule Luzern mit Spezialgebiet Datenschutz doziert, gegenüber SRF. Beispielsweise, um herauszufinden, wie sich die Pendlerströme bewegten.
SBB will «bessere Kunden»
Interessant werde es aber dann, wenn man zum Verhalten einer Person Vorhersagen machen könne. «Wenn man eine bestimmte Kundin triggern kann, etwas Bestimmtes zu kaufen, wird sie zur ‹besseren› Kundin.»
Genau das wollen die SBB erreichen: Im Beschaffungsplan heisst es, dass durch die Überwachung die «Abschöpfungsrate» erhöht werden soll, dass also mehr Pendler etwas kaufen. Für die Bundesbahnen wäre dies finanziell vorteilhaft. Denn je mehr die Läden in den Bahnhöfen einnehmen, desto mehr Miete zahlen sie an die SBB.
Datenschutz-Spezialistin Uttinger warnt aber auch: «Mit den neuen technischen Möglichkeiten besteht die Gefahr, dass wir eine immer stärker überwachte Gesellschaft werden.» China sei mit dem Social Scoring ein abschreckendes Beispiel, dennoch gehe die Schweiz in diese Richtung. «Jede Kamera ist eine Kamera zu viel.»
Datenschutz-Expertin: Sollten weniger freizügig mit Daten umgehen
Als sie «1984» von George Orwell gelesen habe, sei sie entsetzt gewesen über die dort beschriebene umfassende staatliche Überwachung. «Heute habe ich manchmal das Gefühl, ich wäre froh, wir hätten nur ‹1984›», so Uttinger.
Sie mahnt: «Grundsätzlich sollte man mit seinen Daten weniger freizügig umgehen, als das heute der Fall ist.» Beispielsweise bei Smartphone-Einstellungen oder Apps sollte man datensensibler sein.
Zudem müsse man das Thema Daten immer wieder kritisch hinterfragen. Alle Daten könnten für ein positives Ziel gebraucht oder für ein negatives missbraucht werden. Datenschutz-Expertin Uttinger: «Die Frage ist: Nutzen wir die Daten positiv oder negativ?»