Schweizer Business-Class-Passagiere sorgen für Ärger

Stephan Felder
Stephan Felder

Singapur,

Flughafen Singapur: Einige Reisende verhalten sich gar nicht sozial, belegen die wenigen Bänke. Es sind Schweizer, sie reisen in der Business-Class.

Flughafen Singapur
Schweizer belegen am Flughafen Singapur gleich mehrere Plätze, obwohl andere Personen stehen müssen. - Nau.ch

Das Wichtigste in Kürze

  • Schweizer Business-Class-Reisende verhielten sich in Singapur wenig sozial.
  • In den Ferien vergessen viele Personen ihren Alltags-Anstand, sagt eine Expertin.
  • Das trifft vor allem auch auf Reisende in den höheren Klassen zu.

«Die haben den Anstand verloren», sagt Barbara K.* (36). Die Zürcherin fliegt kürzlich von den Singapur-Ferien in die Schweiz zurück. Und ist hässig.

Die Maschine der Singapore Airlines hebt planmässig erst nach Mitternacht ab. Rund 250 Passagiere warten auf den zwölf-stündigen Nachtflug am Gate. Viele sind müde, gähnen, halten im Sitzen ein Nickerchen.

Freche Touris am Flughafen in Singapur

Doch ein paar Schweizer Touristen lassen sich am Flughafen gehen: Sie strecken sich kurzerhand aus und belegen so bis zu vier Sitze. «Andere Passagiere mussten ihretwegen stehen», nervt sich Barbara.

Weil die frechen Touris den roten Pass in der Hand halten, sind sie als Schweizer entlarvt. «Ich habe mich geschämt für sie», so die Zürcherin weiter. Und: «Beim Einsteigen bemerkte ich, dass die frechen Sitz-Blockierer Passagiere der Business-Class waren.»

Bist du in den Ferien auch schon auf unanständige Mitreisende getroffen?

Vergessen wir in den Ferien die Manieren? Reise-Psychologin Christina Miro erklärt auf Anfrage von Nau.ch, dass sich das Verhalten von Menschen auf Reisen tatsächlich verändert.

«Auf Reisen fällt die soziale Kontrolle durch bekannte Personen weg. Man tritt aus den eigenen Routinen und Verpflichtungen heraus.» Diese Freiheit könne manche dazu verleiten, sich weniger zurückhaltend oder auch weniger rücksichtsvoll zu verhalten.

Die besonderen Privilegien der Business-Class

Ausserdem empfänden viele Menschen auf Reisen das sogenannte «Urlaubsrecht»: «Sie erlauben sich, Dinge zu tun, die sie sich im Alltag verbieten. Auch das kann egoistisch oder rücksichtslos wirken», erklärt Miro.

Spielt es denn eine Rolle, dass es sich bei den rücksichtslosen Schweizern um Business-Class-Passagiere handelte?

Miro: «Menschen in diesen Klassen erhalten besondere Aufmerksamkeit und Privilegien. Das kann ein Gefühl von Exklusivität und Macht erzeugen. Und in manchen Fällen zu weniger Rücksicht gegenüber anderen führen.»

Es sei aber nicht so, dass unangenehmes Verhalten nur in bestimmten Klassen vorkomme: «Auch in der Economy-Class kommt es zu angespannten Situationen: Gerade, wenn es eng wird oder die Geduld schwindet», erklärt Miro.

Zu Hause benehmen wir uns offenbar anständiger. Dem Flughafen Zürich sind keine Vorkommnisse bekannt, wie jene, die Barbara in Singapur erleben musste. Man erhalte zwar ab und an Reklamationen von Passagieren über andere Reisende. Solche Rückmeldungen seien aber eher selten.

Das Gespräch suchen – oder das Flugpersonal

Was können Reisende tun, wenn sie sich am rücksichtslosen Verhalten der Mitpassagiere stören? «Bei ausfälligem Verhalten von Passagieren empfehlen wir Reisenden, sich an die nächsten Flughafenmitarbeitenden zu wenden. Oder im extremen Fall an die Kantonspolizei», schreibt eine Flughafen-Sprecherin.

Psychologin Miro empfiehlt zunächst den direkten Kontakt: «Es wichtig, selbst ruhig und respektvoll zu bleiben. Ein sachlicher, höflicher Hinweis, ohne zu eskalieren, ist oft der beste Weg, um auf Fehlverhalten hinzuweisen.»

Auch Empathie könne helfen: «Viele Menschen wissen nicht, dass sie andere stören, und reagieren positiv auf konstruktives Feedback.»

Nützt dies alles nichts, bleibt nur der Weg, den auch der Flughafen Zürich vorgeschlagen hat: «Dann kann das Hinzuziehen von Flugpersonal sinnvoll sein, um eine neutrale Instanz zu haben, die vermitteln kann.»

* Name von der Redaktion geändert

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