Schweizer Priester kritisieren Zölibat-Pflicht
Das Zölibat ist einer der grössten Zankäpfel im Katholizismus. Zwei Schweizer Priester äussern sich nun offen zu dem Thema – und widersprechen der Kirche.
Das Wichtigste in Kürze
- Die Sexualität sei Teil seines Lebens, sagt ein Zürcher Priester.
- Er fordert: Die Entscheidung fürs Zölibat sollte freiwillig sein.
- Ein anderer Pfarrer findet die Vorschrift ebenfalls unnötig.
Schon lange sorgt das Zölibat in der katholischen Kirche für Diskussionen. Mit dem jüngsten Missbrauchsskandal hat das Thema wieder neuen Aufschwung erhalten. Nun sprechen sich sogar zwei Schweizer Geistliche klar gegen eine Zölibat-Pflicht aus.
Marcel von Holzen, in Zürich als Pfarrer tätig, sagt gegenüber «SRF»: «Als Priester bin ich auch ein sexueller Mensch und muss Wege finden, wie ich meine Sexualität ins Leben integrieren kann.»
Er habe für sich selbst entschieden, zu seiner Sexualität zu stehen. Von Holzen führt aus: «Sie ist nicht zentraler Teil meines Lebens. Aber ein Teil, der mein Leben schön und lebenswert macht.»
Sich gegen eine Zölibat-Pflicht auszusprechen, sei nicht unbedingt progressiv, sondern in erster Linie pragmatisch. Von Holzen will, dass man es dem einzelnen Menschen überlässt, wie er sein Intimleben gestaltet: «Dann könnte man ein Problem weniger mit sich herumtragen und sich den wirklich grossen Herausforderungen widmen.»
Von Holzen spricht sich nicht grundsätzlich gegen das Zölibat aus. Wichtig sei aber, dass man sich freiwillig dafür entscheiden könne. Damit widerspricht der Priester der offiziellen Haltung der Kirche – das nehme er in Kauf, sagt er.
Pfarrer dachte bei Taufe: «Ich hätte gerne ein Kind»
Mit seiner Kritik an der Pflicht ist er nicht alleine. Auch Karl Wolf, Pfarrer in Küsnacht ZH, findet diese nicht nötig, wie er in der «SRF»-Sendung «Echo der Zeit» sagt. Jeder soll selbst entscheiden, ob er zölibatär leben wolle oder nicht.
Wolf selbst sagt über seine Situation: «Immer war die Nähe zum Menschen für mich so stark, dass ich eigentlich die Familie nicht vermisst habe.» Er sei bis heute mit seinem Beruf zufrieden und davon erfüllt.
Lediglich einmal bei einer Taufe vor über 25 Jahren habe er gedacht: «Ich hätte gerne ein Kind. Es war das erste Mal, dass ich mir das wünschte.»
Das Zölibat ist für Geistliche in der katholischen Kirche seit etwa 900 Jahren Pflicht. Als Vorbild dafür wird Jesus gesehen, der laut der Bibel unverheiratet blieb. Allerdings ist selbst innerhalb der Religion umstritten, ob sich aus der Heiligen Schrift eine Zölibat-Pflicht ableiten lässt.