Schweizer Spitzenköche fordern Offenlegung von «Grüsel-Beizen»
Im Jahr 2018 wurden fast 800 Schweizer Wirte wegen fehlender Hygiene angezeigt. Schweizer Spitzenköche verlangen nun eine Offenlegung der betroffenen Betriebe.
Das Wichtigste in Kürze
- Mangelende Hygiene wurde 2018 rund 800 Schweizer Wirten zum Verhängnis.
- Sie mussten wegen Bakterien, Schimmel und Ungeziefers hohe Bussen zahlen.
- Nicht nur Konsumenten, sondern auch Schweizer Spitzenköche fordern die Offenlegung.
Bakterien, Schimmel und Ungeziefer – keinen dieser Begriffe möchte man mit seinem Abendessen in Einklang bringen. Tatsächlich wurden im Jahr 2018 rund 800 Schweizer «Grüsel-Beizen» wegen mangelnder Hygiene gebüsst. Von der Imbiss-Bude bis hin zum Edel-Restaurant waren diverse Wirte vertreten.
Ursache gründet in unserem System
Schmutzige Gerätschaften, verschimmelte Lebensmittel oder stark verunreinigte Gerichte wurden von den kantonalen Lebensmittelbehörden entdeckt. In jeder fünften inspizierten Küche liegt eine konkrete Gesundheitsgefährdung vor. Nach dem Willen des Gesetzgebers bleiben «Grüsel-Wirte» aber unbekannt.
Dies verärgert nicht nur Konsumenten, sondern auch Schweizer Spitzenköche. Meta Hiltebrand vom Zürcher Gourmet-Tempel «Le Chef» sieht die Ursache im Schweizer System, wie sie Nau.ch verrät.
«Es gibt immer mehr Restaurants, aber zur Eröffnung wird keine Ausbildung vorausgesetzt. So kann ohne Wissen ein Betrieb eröffnet werden, wobei die anschliessenden Auflagen sehr hoch sind.» In der Tat gibt es in der Schweiz keine Vorgaben für all jene, welche ein Restaurant eröffnen wollen.
Konsumenten fördern das Überangebot
Bei der Vielzahl an Restaurants relativiert sich die Zahl der 800 Anzeigen etwas, findet Hiltebrand. Im Jahr 2017 gab es in der Schweiz etwas mehr als 23'000 Gastronomie-Betriebe, Tendenz steigend.
Der Konsument fördert die Zunahme an Betrieben ganz nach dem Motto: «Geiz ist geil». Preis- und Lohn-Dumping sind die Folge davon, nur somit kann der Betrieb im direkten Wettbewerb bestehen. Leidtragend ist die Qualität.
Dennoch sieht Meta Hiltebrand grosses Verbesserungspotenzial. «In Dänemark gibt es ein ganz besonderes System. Dieses ist viel einfacher verständlich als unser Punkte-Bewertungssystem.»
Am Eingang der Lokale weisen unterschiedlich glückliche Smileys direkt auf den Hygiene-Standart der letzten Kontrolle hin. Dies ist auch für Branchen-Fremde einfacher zu verstehen.
«Hat immer etwas mit Intellekt zu tun»
Ein Problem sei auch bei den tiefen Löhnen auszumachen. «Mit besseren Löhnen würden auch mehr Leute eine korrekte Ausbildung absolvieren wollen. Höhere Löhne sind aber mit den Auslagen nicht finanzierbar. Dafür müsste der Gast bereit sein, höhere Preise zu bezahlen», so Hiltebrand.
Doch in der Branche seien hohe Löhne einfach nicht realistisch. Dies liege nicht zuletzt daran, dass der Einkauf der Lebensmittel für ein Restaurant teurer ist als für den Otto Normalverbraucher.
Auch TV-Koch René Schudel findet, dass die gute Einhaltung der Hygiene-Richtlinien belohnt, respektive die «Grüsel-Beizen» entlarvt werden sollte. «Gutes Schaffen darf durchaus an der Tür angeschlagen werden», sagt er auf Anfrage von Nau.ch.
Die Einhaltung der hohen Standards sei durchaus lobenswert. «Ausserdem hat die ganze Sache auch immer etwas mit Intellekt zu tun.»