Seltene Erden landen nicht selten im Abwasser
Spuren von Seltenen Erden landen später häufig über die Industrie in Kläranlagen, wie Eawag-Forschende berichten
Das Wichtigste in Kürze
- Forschende haben 63 Schweizer Abwasserreinigungsanlagen nach Seltenen Erden untersucht.
- Die gefundenen Mengen entsprachen in etwa jenen, die aus natürlichen Quellen stammen.
Um einige Gramm Metalle der Seltenen Erden zu gewinnen, fördern Bergbauunternehmen tonnenweise Gestein. Spuren dieser Schätze landen später häufig über die Industrie in Kläranlagen, wie Eawag-Forschende berichten. Eine Rückgewinnung würde sich allerdings kaum lohnen.
Wirklich selten sind die Seltenen Erden gar nicht: Sie finden sich in Smartphones, Flachbildschirmen oder Kontrastmitteln für bildgebende Verfahren in der Medizin. Ohne die 17 Metalle, zu denen Elemente mit Namen wie Lanthan, Gadolinium und Cer gehören, geht in der High-Tech-Industrie gar nichts.
Forschende des Wasserforschungsinstitut Eawag quantifizierten nun die Menge dieser Elemente, die in 63 Schweizer Abwasserreinigungsanlagen (ARA) mit dem Klärschlamm entsorgt werden. Zudem entwickelten sie neue Methoden, um den Anteil aus industriellen Quellen zu ermitteln.
Grösste Mengen vom Element Cer
Demnach entsprachen die im Klärschlamm gefundenen Mengen in den meisten ARA denjenigen, die aus natürlichen Quellen stammen, wie die Eawag am Donnerstag mitteilte. Allerdings variierten die Werte deutlich, je nach Kläranlage: Insbesondere die Standorte Yverdon VD, Bioggio TI, Hofen SH und Thal SG dominierten den Anteil einzelner Seltener Erden aus industriellen Quellen.
Die grössten Mengen fanden sie vom Element Cer, von dem schweizweit geschätzte 4200 Kilogramm pro Jahr in den Kläranlagen landen, knapp die Hälfte davon aus industriellen Anwendungen. So wird Ceriumdioxid oft als Schleifmittel eingesetzt. Ebenfalls fliessen beispielsweise rund 184 Kilogramm Samarium sowie 44 Kilogramm Europium in die Kläranlagen, nur ein Bruchteil allerdings stammt aus der Industrie.
In der Kläranlage von Ramsen SH in der Nähe des Bodensees an der deutsch-schweizerischen Grenze, fanden sich rund 80 Prozent des aus industriellen Quelle stammenden Gadoliniums. In dieser Anlage wird nicht nur das Abwasser eines Krebszentrums aufbereitet, sondern in der Nähe wird ebenfalls Gadolinium-basierte Kontrastmittel hergestellt. Die entsprechende Industrie habe allerdings bereits eine Anlage installiert, die das «Gadolinium-Problem» gelöst habe, schrieb der Erstautor der Studie, Ralf Kägi, auf Anfrage von Keystone-SDA.
Konzentration von Lanthan war praktisch in allen untersuchten ARA erhöht
Die Konzentration von Lanthan war praktisch in allen untersuchten ARA erhöht. Ob die Ursache in biologischen Prozessen liege, die den Rückhalt des Elements im Klärschlamm verändern oder aber im Einsatz von Lanthan angereichertem Dünger müsse noch untersucht werden, hiess es in der Mitteilung.
Trotz den tonnenweise gefundenen Metalle im Abwasser würde sich eine Rückgewinnung derzeit wahrscheinlich nicht lohnen, hielt Kägi fest. China dominiere aber den Markt der Seltenen Erden und ein Recycling könnte etwas mehr Planungssicherheit bieten.
Bereits in einer früheren Studie deckten Eawag-Forschende auf, dass in der Schweiz jährlich 43 Kilogramm Gold und 3000 Kilogramm Silber im Wert von je rund 1,5 Millionen Franken via Abwasser und Klärschlamm verloren gehen.
Die kürzlich in der Fachzeitschrift «Water Research X» erschienene Studie wurde vom Bundesamt für Umwelt (Bafu) in Auftrag gegeben und finanziert.