Sexuelle Übergriffe: Jetzt prüft auch St. Gallen Meldetool

Rosa Schmitz
Rosa Schmitz

Stadt St. Gallen,

Bern und Zürich kennen es bereits, nun prüft auch St. Gallen ein Meldetool für sexuelle Übergriffe. Eine SP-Politikerin hat sich dafür eingesetzt.

Sexuelle Belästigung
Meldetools sind ein wichtiger Schritt im Kampf gegen sexuelle Belästigung. - keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Zürich, Bern und Luzern haben seit einiger Zeit Meldetools für sexuelle Übergriffe.
  • Nun könnte ein solches Tool in der Stadt St. Gallen eingeführt werden.
  • Dafür setzt sich die SP-Stadtparlamentarierin Lydia Wenger ein.

Die Stadt St. Gallen könnte bald einen Schritt im Kampf gegen sexuelle Belästigung einleiten. Konkret geht es um ein Tool, das es Opfern und Zeugen ermöglicht, Vorfälle zu melden – anonym und unkompliziert.

Dies ist das Ergebnis der hartnäckigen Bemühungen der SP-Stadtparlamentarierin Lydia Wenger, berichtet das «St. Galler Tagblatt». Zürich hat bereits seit 2021 ein solches Tool, Bern seit 2023 und Luzern seit Anfang dieses Jahres. Nun soll der erste Ort in der Ostschweiz folgen.

Stadtrat nicht überzeugt

Dazu hat Wenger im Frühjahr eine Interpellation mit dem Titel «Schaut St. Gallen hin? Ein Meldetool für Betroffene von sexueller Belästigung» eingereicht. Doch der Stadtrat war von der Idee, ein Meldetool einzuführen, nicht so überzeugt.

Eine umfassende Werbe- und Sensibilisierungskampagne wäre dafür unnötig, lautete das Gegenargument. Pro Jahr müssten mit Kosten zwischen 35'000 und 50'000 Franken gerechnet werden. Plus Ausgaben für eine zusätzliche Stelle mit einem Pensum von 40 bis 60 Prozent, um das Tool zu betreuen.

Für Wenger ist diese Antwort «mutlos».

Stadtparlamentarierin schildert eigene Erfahrung

Im Juni hielt die Stadtparlamentarierin dann ein Votum – in dem sie ihre persönliche Erfahrung mit sexueller Belästigung schilderte. Darauf folgte Unterstützung von Frauen anderer Fraktionen.

Später führte das zum Postulat, das Ende Oktober ins Stadtparlament kommt.

Über diese Entwicklung äussert sich Wenger vorsichtig optimistisch: «Ich bin erfreut, dass der Stadtrat seine Meinung geändert hat und den Vorstoss als erheblich erklärt haben will. Es ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung», sagt sie.

Doch der Rat möchte noch eine Zeit die Erfahrungen mit Meldetools in anderen Städten beobachten. Erst danach würde er über eine Einführung entscheiden.

Das Endziel sei, dass Opfer und Zeugen fehlbares Verhalten benennen können – und befähigt werden, etwas dagegen zu tun. Zudem soll sich durch das Tool ein Erkenntnisgewinn für Intervention ergeben.

Meldetools in Zürich und Bern erfolgreich

Die gute Nachricht: Die Projekte in Zürich und Bern haben bereits wichtige Erkenntnisse geliefert. So wurden in Zürich seit Mai 2021 mehr als 2100 Belästigungen gemeldet. Das sind durchschnittlich zwei pro Tag. Die meisten Vorfälle ereigneten sich unerwarteterweise nicht nachts, sondern tagsüber auf offener Strasse oder im öffentlichen Verkehr.

In Bern wurden in den ersten drei Monaten 440 Belästigungen gemeldet – mehr als vier pro Tag. Belästigungen mit Worten, Blicken oder Geräuschen, wie Hinterherpfeifen, wurden am meisten genannt.

Aber in beiden Städten werden auch häufig ungewollte Berührungen genannt. Betroffen sind insbesondere jüngere Frauen sowie Schwule, Bisexuelle und Transmenschen.

Hast du schon einmal ein Meldetool gegen sexuelle Belästigung genutzt?

Für Wenger ist der Stadtrat daher «zu zögerlich», sagt sie gegenüber dem «St. Galler Tagblatt». Sie möchte, dass auch ihre Stadt ein Ort ist, wo sich alle frei bewegen können.

Sicherheit sollte für alle Menschen gewährleistet sein, unabhängig von Geschlecht, sexueller Orientierung, Hautfarbe oder anderen individuellen Merkmalen.

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