Soziologe zu «Arena»: «Sinnvoll, dass heute nur Schwarze reden»

Rowena Goebel
Rowena Goebel

Zürich,

Sandro Brotz musste für die «Arena» zu Rassismus mächtig Kritik für seine Gästewahl einstecken. Die Wiederholung heute Abend hingegen wird gelobt.

«Arena»
Menschen demonstrieren vergangenen Samstag gegen Rassismus bei einer Kundgebung der «Black Lives Matter»-Bewegung in Zürich. Ein Rassismus-Experte hätte sich von der «Arena» gewünscht, zuerst Dunkelhäutige zu Wort kommen zu lassen. - Keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Die SRF-«Arena» von vergangenem Freitag musste wegen der Gästewahl Kritik einstecken.
  • Ein Rassismus-Experte mahnt, es sei wichtig, zuerst den Betroffenen zuzuhören.
  • Auch ein Basler Soziologe hält es für sinnvoll, dass heute nur Schwarze reden.

Vergangene Woche stand die SRF-Sendung «Arena» heftig in der Kritik. Moderator Sandro Brotz hatte nach den «Black Lives Matter»-Protesten zu einer Rassismus-Diskussionsrunde eingeladen.

Was vielen sauer aufstiess: Zu Wort kamen – zumindest zu Beginn der Sendung – drei Weisse und nur eine schwarze Person.

«Arena» Roger Köppel
In der «Arena» wurde am Freitagabend unter dem Motto «Jetzt reden Schwarze» über Rassismus diskutiert. Moderator Sandro Brotz (Mitte) sprach mit den geladenen Gästen: Andrea Geissbühler (Nationalrätin SVP/BE und diplomierte Polizistin), James Foley (Sprecher Republican Overseas Switzerland), Kiko (Komiker) und Samira Marti (Nationalrätin SP/BL). Auffällig: Drei der vier Teilnehmer am Rednerpult sind weiss. - Screenshot/SRF

Bei all der Kritik drängt sich die Frage auf: Wie sieht eigentlich eine moderne, ausgewogene Diskussionsrunde aus?

Soziologe: «Rassismus geht uns alle an»

In Bezug auf die Rassismus-«Arena» hält Soziologe Henri-Michel Yéré von der Universität Basel fest: «Rassismus ist nicht nur ein Problem schwarzer Leute, das geht uns alle etwas an.»

«Es ist aber so, dass die Stimmen von People of Colour (PoC) weniger gehört werden», fügt er hinzu. Dass in der Sendung der Fokus auf den Stimmen dunkelhäutiger Menschen liegt, ist also grundsätzlich sinnvoll.

Eine allgemeingültige Antwort auf die Frage, wie sich eine Diskussionsrunde zum Thema Rassismus denn zusammenstelle, gebe es nicht. Denn: «Rassismus ist ein sehr komplexes Problem.»

Dr. Henri-Michel Yéré
«Rassismus ist nicht nur ein Problem schwarzer Leute.» Der Soziologe Henri-Michel Yéré von der Universität Basel. - Universität Basel

Im jetzigen Kontext mache es aber Sinn, dass nur PoC an der heutigen «Arena» teilnehmen dürfen. «Jedoch nur, weil es fast nie vorher der Fall gewesen ist, dass diese Stimmen eine so grosse Plattform bekommen haben.»

Das heisse nicht, dass alle öffentlichen Diskussionen bezüglich Rassismus in der Zukunft in dieser Art und Weise geführt werden sollen. «Weil der Kontext wird ein anderer sein.»

«Arena» hätte zuerst «Betroffene zu Wort kommen lassen» sollen

Ähnlicher Ansicht ist Dominic Pugatsch, Geschäftsführer der Stiftung gegen Rassismus und Antisemitismus. «Rassismus ist ein gesamtgesellschaftliches Problem», sagt er.

Aber es sei nun an der Zeit, die Betroffenen zu Wort kommen zu lassen. «Es ist wichtig, dass wir uns die Stimmen schwarzer Menschen in der Schweiz anhören. Die Leute sollen erfahren, wie sich Rassismus auf ihren Alltag auswirkt.»

Denn viele hätten noch nicht verstanden, worum es geht. «Das hat sich auch in der Debatte um die Verwendung der Bezeichnung ‹Mohrenkopf› gezeigt».

Dominic Pugatsch Fasnacht Basel
Dominic Pugatsch ist Geschäftsführer der GRA Stiftung gegen Rassismus und Antisemitismus. - zVg

Pugatsch hätte sich deshalb gewünscht, dass die «Arena» zunächst schwarzen Menschen eine Plattform gegeben hätte. «Rassismus und Antisemitismus betreffen natürlich noch viele andere Personengruppen. Nun geht die Diskussion aber um dunkelhäutige Menschen. Deshalb sollen auch sie zu Wort kommen.»

In einer anschliessenden zweiten Sendung hätte Rassismus-Experte Pugatsch gerne eine Öffnung der Diskussion gesehen. Dann hätten auch andere Menschen ihre Meinung vertreten können. Betroffen seien wir nämlich alle.

Männer wollen keine rein männlichen Debatten mehr

Brotz verkündete am Mittwoch auf Social Media, dass zur nächsten «Arena» zum Thema nur schwarze Gäste eingeladen würden. Nach der Sendung von vergangener Woche waren mehr als 130 Beschwerden bei der SRG-Ombudsstelle eingegangen.

Der grösste Kritikpunkt: Die Sendung mit dem Titel «Jetzt reden wir Schwarzen» startete mit mehr weissen als schwarzen Menschen am Rednerpult.

sandro brotz arena moderator
Sandro Brotz ist Moderator der Sendung «Arena» im SRF. - SRF

Die Debatte um ausgewogene Diskussionsrunden beschränkt sich nicht nur auf Diversität, was Herkunft und Hautfarbe anbelangt. Kürzlich ist der Hashtag #NoAllMalePanels aufgetaucht. Unter dem Schlagwort nominieren sich Politiker, Experten und Journalisten auf Twitter gegenseitig.

Die Idee ist, dass sich die nominierten Männer dazu bekennen, künftig nicht mehr an rein männlichen Debatten teilzunehmen. Auch «Arena»-Moderator Brotz sieht sich der Sache verpflichtet. Auf die Frage, ob er auch mitmache, antwortet er auf Twitter schlicht mit «Ja».

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