Stadt Luzern schafft Prüfungsnoten ab – Eltern sind skeptisch
Das Wichtigste in Kürze
- Die Stadt Luzern ersetzt Noten auf Primarstufe durch ein «Kriterienraster».
- Ziel ist der Wechsel von der simplen Bewertung zur differenzierten Förderung.
- Für Kinder könne dieses Beurteilungssystem «demotivierend» sein, warnt ein Elternverein.
In der Stadt Luzern hat das klassische Notenmodell (1 bis 6) auf Primarstufe bald ausgedient. In Zukunft werden Prüfungsnoten abgeschafft und durch eine schriftliche Beurteilung ersetzt.
Ziel der «differenzierten Förderung»
Für die Bewertung soll neu ein sogenanntes «Kriterienraster» angewendet werden. Anstelle von Noten arbeitet dieses mit Beschreibungen wie «noch nicht erreicht», «teilweise erreicht», «erreicht» und «übertroffen».
Ziel ist ein Wechsel von der «simplen Bewertung zur differenzierten Beurteilung und Förderung» der Schüler. Nur die Zeugnisnoten bleiben bestehen. In einigen Schulen wird das neue Modell bereits getestet. Eine flächendeckende Einführung ist auf das Schuljahr 2024/25 denkbar.
Neues Modell kann «demotivierend» sein
Für die ersten zwei, drei Schuljahre könne diese Art der Beurteilung sinnvoll sein. Das schreibt der Verein «Schule und Elternhaus Schweiz» auf Anfrage. «Weil sich die Kinder in diesem Alter mehr unter Wörtern vorstellen können als unter Zahlen.»
Ab der dritten oder vierten Klasse ändere sich das aber. Hier sehe man für die wenigsten Kinder einen Vorteil mit dem Verschwinden der Noten. «Es ist viel wirkungsvoller, wenn die Kinder neben der Note eine zusätzliche individuelle Beurteilung erhalten. Zum Beispiel: ‹Du machst gute Fortschritte›.»
Zwar glaube man nicht, dass die Schülerinnen und Schüler durch die neue Bewertung den Anschluss verlieren würden. «Aber die Motivation wäre bei vielen Kindern eher tiefer. Für ein Kind, das sich verbessert, aber weiterhin mit ‹teilweise erreicht› beurteilt wird, kann das demotivierend sein.»
«Kriterienraster» statt Schul-Noten – eine gute Sache?
Einen weiteren Nachteil sieht der Verein in der Ungenauigkeit der im Kriterienraster verwendeten Beschreibungen. Die Begriffe seien weniger präzis als Noten. «Und weil dann im Zeugnis wieder Noten stehen, wird es zu mehr Diskussionen führen.»
Oberste Lehrerin: Mehraufwand für Lehrpersonen
Dagmar Rösler ist Präsidentin des Lehrerinnen- und Lehrerverbands Schweiz (LCH). Sie findet, dass das Bewertungssystem – insbesondere auf Primarstufe – grundsätzlich «ein Lifting» benötigt.
Je nachdem könne das jedoch zu einem grossen Mehraufwand für Lehrpersonen führen. «Hier muss genau hingeschaut werden, dass die neue Beurteilung von Klassenlehrpersonen überhaupt in einem sinnvollen Zeitfenster geleistet werden kann.»