Ständerat bewilligt Stärkung des Kartellzivilrechts
Der Ständerat hat eine Teilrevision des Kartellgesetzes beschlossen, die Zivilklagen bei unzulässigen Wettbewerbsbeschränkungen erlaubt.
Privatpersonen und die öffentliche Hand sollen gestützt auf das Kartellrecht Zivilklage einreichen können, wenn unzulässige Wettbewerbsbeschränkungen sie treffen. Das hat der Ständerat beschlossen. Verzichtet hat er auf neue Kriterien zur Beurteilung der Erheblichkeit von Wettbewerbsabreden.
Am Dienstag hiess die kleine Kammer eine Teilrevision des Kartellgesetzes mit 33 zu 4 Stimmen bei einer Enthaltung gut, die die an sich unbestrittene Stärkung des Kartellzivilrechts enthält. Die Vorlage geht an den Nationalrat. Neben der schon vor Jahren von der Wettbewerbskommission (Weko) verlangten Stärkung des Kartellzivilrechts sind die Modernisierung der Zusammenschlusskontrolle und ein besseres Widerspruchsrecht Teil der Vorlage.
Zukunftsausblick für das schweizerische Recht
Zivilprozesse nach Kartellrechtsverletzungen sind nach Angaben des Bundesrates selten; die Revision soll den Weg dafür ebnen. Wer von unzulässigen Wettbewerbsbeschränkungen betroffen sei, wähle oft den grundsätzlich kostenlosen Weg über das Verwaltungsverfahren, auch wenn dann keine Ansprüche auf Schadenersatz, Genugtuung und Gewinnherausgabe gestellt werden könnten, schrieb der Bundesrat.
Heute kann nur Zivilklage führen, wer durch eine unzulässige Wettbewerbsbeschränkung in der Aufnahme oder Ausübung des Wettbewerbs behindert wird. Mit der Ausweitung der Aktivlegitimation zu solchen Klagen nimmt der Bundesrat einen Punkt der 2012 gescheiterten Kartellrechtsrevision auf.
Auch die Modernisierung der Zusammenschlusskontrolle gehört zur Revision. Mit dem Wechsel vom heutigen qualifizierten Marktbeherrschungstest zum «Significant Impediment to Effective Competition»-Test (Siec-Test) soll der Prüfstandard dem internationalen Standard angepasst werden. Und schliesslich wird mit der Revision das Widerspruchsverfahren gestärkt.
Debatte um neue Regeln
Ausgiebig zu reden gaben im Rat nicht diese Punkte, sondern vom Bundesrat auf Wunsch des Parlaments beantragte neue Regeln zur Beurteilung der Erheblichkeit von Wettbewerbsabreden. Eine denn auch vom Bundesrat unterstützte Minderheit wollte aber beim geltenden Recht bleiben und setzte sich schliesslich mit 24 zu 20 Stimmen durch.
Die Kommissionsmehrheit hingegen hätte qualitative und quantitative Kriterien berücksichtigen wollen und darüber hinaus auch die Schädlichkeit einer Wettbewerbsabrede im konkreten Fall. Diese müsste von der Wettbewerbsbehörde dargelegt werden. Beweismaterial sei dafür nicht nötig, sagte Hans Wicki (FDP/NW) für die Mehrheit.
Hannes Germann (SVP/SH) erwiderte namens der Minderheit, der Mehrheitsantrag erschwere die Verfahren. Branchenverbände und auch Konsumentenschutz-Organisationen seien gegen diese Bestimmung, fügte Carlo Sommaruga (SP/GE) hinzu. Tiana Angelina Moser (GLP/ZH) gab zu bedenken, dass die Mehrheitsversion dem EU-Recht zuwiderlaufe.
Neue Regeln für Sportfinanzen
Pirmin Bischof (Mitte/SO) illustrierte den Minderheitsantrag mit dem Beispiel eines jungen Sanitärinstallateurs, der ein eigenes Geschäft eröffne, aber nicht beliefert werde, um ihn vom Markt fernzuhalten. Der Antrag der Mehrheit mache einen derartigen Boykott zulässig, mahnte er.
Im Sinn von Financial Fair Play setzte der Ständerat zudem Sport-Profiligen auf die Liste der in der Regel gerechtfertigten Abreden. Diese sollen zulässig sein, wenn sie die finanzielle Leistungsfähigkeit der Clubs sicherstellen. Im Auge hatten die Befürworter namentlich hohe Spielergehälter.
Die Mehrheit und der Bundesrat wollten solche Regeln zum Nachteil der Spieler nicht, unterlagen aber mit 8 gegen 31 Stimmen bei 5 Enthaltungen. Stefan Engler (Mitte/GR) lobte die von einer Minderheit beantragte Bestimmung als Möglichkeit für Clubs, defizitäre Sparten wie Frauen-Eishockey zu finanzieren. Eine Änderung brachte der Ständerat bei den finanziellen Sanktionen für unzulässige Abreden an. Von Unternehmen getroffene Vorkehren zur Vermeidung von Verstössen gegen das Kartellgesetz sollen bei der Festlegung der Sanktion berücksichtigt werden.