St. Galler Stadtpräsi Pappa: «Polizeieinsätze verhältnismässig!»
Zwei Freitage in Folge kam es in St. Gallen zu Ausschreitungen von Jugendlichen. Am Sonntagabend führte die Polizei daher ausgedehnte Personenkontrollen durch.
Das Wichtigste in Kürze
- In sozialen Medien wurde für St. Gallen zu erneuten Krawallen am Ostersonntag aufgerufen.
- Die Polizei reagierte mit massiver Präsenz, Personenkontrollen und Wegweisungen.
- Die Stadtpräsidentin Maria Pappa bezeichnet die Einsätze als «verhältnismässig».
Die vergangenen zwei Freitage kam es in St. Gallen zu Ausschreitungen von Jugendlichen. Auch am Ostersonntagabend wurde zu Gewalt in der Stadt aufgerufen. Die Polizei wollte eine Eskalation der Lage verhindern, weshalb sie mit einem Grossaufgebot ausrückte und ausgedehnte Personenkontrollen durchführte.
Personen am Bahnhof und beim Blumenmarkt wurden angehalten, der Rote Platz wurde komplett abgesperrt. Neben den Polizeikontrollen wurde die Lage auch von oben herab pausenlos überwacht. Ein Helikopter der Kantonspolizei Zürich drehte seine Kreise über die Innenstadt.
1/3 Diverse Wegweisungen in St.Gallen: Personen müssen glaubhaft erläutern, dass sie nicht den Gewaltaufrufen folgen oder nur in die Stadt kommen, um mögliche Ausschreitungen mitzuerleben. Wir können aufgrund der Lage keine langen Einzelgespräche führen & bitten um Verständnis.
— Stadtpolizei St.Gallen (@StapoSG) April 4, 2021
Kontrollierte Passanten mussten glaubhaft machen, dass sie nicht dem Gewaltaufruf gefolgt waren. Solche, die den Gewaltaufrufen folgten oder als Schaulustige mögliche Ausschreitungen miterleben wollten, wurden weggewiesen. Die ausgesprochenen Wegweisungen gelten für 30 Tage.
Stadtpräsidentin Pappa sieht Polizeieinsätze als «verhältnismässig» an
Die St. Galler Stadtpräsidentin Maria Pappa (SP) hat die Polizeieinsätze rund um die Ausschreitungen als verhältnismässig bezeichnet. Damit seien die Probleme aber nicht gelöst. Es brauche eine politische Aufarbeitung.
Die Polizei sei angesichts der Aufrufe zu Partys und Gewalt in St. Gallen gut vorbereitet gewesen, sagte die seit Anfang Jahr amtierende Stadtpräsidentin am Montag der Nachrichtenagentur Keystone-SDA am Montag. Die Einsätze am Karfreitag und am Ostersonntag seien verhältnismässig gewesen. Es sei gelungen, den Schaden zu begrenzen.
Die Polizei habe zuerst den Dialog mit den Jugendlichen gesucht und erst eingegriffen, als es von Seiten eines Teils der Jugendlichen zu Gewalt gekommen sei. Nach der Eskalation vom Freitag habe die Polizei am Sonntag präventiv handeln müssen.
Damit seien die Probleme aber nicht gelöst. «Wir haben eine gesellschaftliche Konfliktsituation.» Die Bewältigung der Coronakrise löse bei vielen Unmut und Ängste aus. Massnahmen dagegen seien nur auf kantonaler oder nationaler Ebene möglich. Pappa will deshalb mit der Kantonsregierung und mit Vertreterinnen und Vertretern der nationalen Politik das Gespräch suchen.
Jungparteien wenden sich mit offenem Brief an Bundesrat
Angesichts der Corona-Pandemie und der Krawalle haben fünf Schweizer Jungparteien am Montag in einem offenen Brief vom Bundesrat «dringend Perspektiven» gefordert. Die Allianz verlangte mehr Mitspracherechte für Junge im Krisenmanagement.
Die Spitzen der Jungparteien von Mitte, Grünliberalen, EVP, SP und den Grünen möchten einen Austausch mit dem Bundesrat, wie es in dem am Montag im Internet veröffentlichten Schreiben hiess.
Unter anderem sollen Jugendliche bei mit einer Impfung verknüpften Lockerungsmassnahmen nicht diskriminiert werden. Für Junge mit psychischen Problemen brauche es zudem ein ausreichendes Hilfsangebot.
Die Jungparteien machten sich dafür stark, dass an den Ausbildungsstätten umgehend wieder Präsenzunterricht stattfinden kann. Möglich machen sollen das eine rigorose Teststrategie und entsprechende Schutzkonzepte. Dank Coronatests und Kontaktverfolgung sollten zudem für Jugendliche neue Lockerungen erwogen werden, sobald diese epidemiologisch vertretbar seien.
«Unsere Generation braucht dringend wieder Perspektiven», hiess es im Brief. Immer mehr Jugendliche fühlten sich nicht mehr verstanden. Die steigende Zahl der jungen Menschen mit schweren psychischen Problemen bereite grosse Sorgen.
500 Personen weggewiesen – 60 Personen eingebracht
Die Stadtpolizei zog in der Nacht auf Montag nach Mitternacht eine positive Bilanz. In einer Medienmitteilung heisst es, es habe keine Ausschreitungen gegeben, niemand sei verletzt worden und auch Sachschaden sei weitestgehend verhindert worden. Die Polizisten in Vollmontur mussten laut Angaben weder Gummischrot noch Reizgas einsetzen.
Zwischen 18 und 1 Uhr wurden insgesamt rund 500 Personen weggewiesen. Nach Personenkontrollen wurden 60 Personen verhaftet und auf mögliche Straftatbestände abgeklärt. Diverse verbotene Gegenstände wurden vorsorglich sichergestellt.
Eine Gruppe führte 2,5 Liter Brennsprit und kleine, leere Flaschen mit sich. Die Polizei schreibt, dass diese mutmasslich als Molotowcocktails hätten dienen können. Auch eine weitere Person wurde mit Brennsprit angehalten. Die 60 festgenommenen Personen sind alle wieder auf freiem Fuss. Neuerlicher Sachschaden habe verhindert werden können.
Angesichts der neuen Gewaltaufrufe in den sozialen Medien hatte die St. Galler Stadtpolizei die ausgedehnten Personenkontrollen am Sonntag im Voraus angekündigt. Das Ziel: Personen, die auf Krawall aus waren oder als Schaulustige den Gewaltaufrufen folgten, wegzuweisen.
Bereits am Freitag war es zum zweiten Mal in Folge zu Ausschreitungen von Jugendlichen gekommen. Damals reagierte die Polizei mit Tränengas und Gummischrot. Zwei Personen wurden verletzt, 21 wurden festgenommen.
Grund für die Krawalle sind die Corona-Massnahmen. Zahlreiche Jugendliche wollten in der Ostschweizer Stadt friedlich für ihre Überzeugung einstehen. Im Verlauf des Freitagabends zogen geschätzt 1000 Personen durch die St.Galler Innenstadt.
Viele von ihnen reisten von überallher aus der Deutschschweiz an. Zweimal ist die Lage jedoch eskaliert.