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Strafbar: Aargauerin stellt Dieb an Internet-Pranger – Anwalt warnt

Rosa Schmitz
Rosa Schmitz

Wohlen,

Eine Facebook-Userin hat eine Videoaufnahme eines mutmasslichen Diebs in eine Aargauer Gruppe gestellt. Die Aktion könnte strafbar sein, warnen Experten.

Dieb
Die Frau hat die Aufnahmen des Diebes ins Netz gestellt. - Screenshot Facebook

Das Wichtigste in Kürze

  • Einer Frau aus Villmergen AG wurde eine Überwachungskamera geklaut.
  • Der mutmassliche Dieb ist auf einer weiteren Aufnahme zu sehen.
  • Dass die Aargauerin das Video online gepostet hat, könnte aber negative Folgen haben.

«Und wieder hatten wir nächtlichen Besuch», schreibt eine Facebook-Userin in die Gruppe «Du bisch vo Villmergen AG, wenn». Die Rede ist von einem mutmasslichen Dieb. Am Post angehängt ist eine Videoaufnahme ihrer Eingangstür. Darauf sieht man einen Mann herumschleichen.

«Falls jemandem diese Gestalt bekannt vorkommt, sagt ihm, er soll uns die Kamera, die er geklaut hat, zurücklegen», so die Aargauerin weiter. «Er ist nämlich auf den anderen Bildern bestens zu erkennen. Es nützt ihm nichts, dass er sie mitgenommen hat.»

Die Frau wird Anzeige erstatten, heisst es. Möglicherweise ist sie allerdings nicht das einzige Opfer in diesem Fall.

Weg über Polizei und Staatsanwaltschaft vorgesehen

Rechtsanwalt Martin Steiger zeigt zwar Verständnis für das Handeln der Frau. «Es ist äusserst frustrierend, wenn man bestohlen wird», sagt er. «Allenfalls auch nicht zum ersten Mal.»

Allerdings, so Steiger, bedeute die Veröffentlichung von Aufnahmen – je nach Straftat, die gefilmt wurde – dass man sich gegenüber der Täterschaft exponiere. «Unnötigerweise», so der Rechtsanwalt. Er warnt: «Das kann eine persönliche Gefahr bedeuten.»

Aus rechtlicher Hinsicht sei auf jeden Fall der Weg über Polizei und Staatsanwaltschaft vorgesehen. «Wer mit Überwachungskameras einen Diebstahl filmt, sollte Anzeige erstatten. Und eine Kopie der Aufnahmen übergeben», sagt Steiger.

Wichtig dabei ist, dass die private Videoüberwachung rechtskonform vorgenommen wurde. Dazu gehört laut Steiger grundsätzlich die Information der betroffenen Person. Zum Beispiel mit einem Schild vor Ort und mit einer Datenschutzerklärung.

Denn: «Rechtlich gesehen kann sich auch ein Dieb auf das ‹Recht am eigenen Bild› und den sonstigen Persönlichkeitsschutz berufen», sagt Steiger. Die private Veröffentlichung von nicht anonymisierten Bildern aus einer Videoüberwachung könne sofort «eine Rechtsverletzung darstellen».

So sagt auch Kriminologe Dirk Baier: «Auch eine Tatperson hat Persönlichkeitsrechte. Bilder von ihr dürfen nicht einfach veröffentlicht werden.»

Auch Tatperson hat Rechte

Die Facebook-Userin könnte sich mit ihrem Post also strafbar gemacht haben.

Genauso ein anderer User, der in der Facebook-Gruppe «Du bisch Glatttfelder/in, wenn» ein Überwachungsvideo von seiner Einfahrt gepostet hat. Darin ist ein Mann zu sehen, der an den Türen der geparkten Autos herumfummelt.

Auch in anderen Facebook-Gruppen posten User Überwachungsvideos. - Screenshot Facebook

Diese Form der Veröffentlichung könne ausserdem Dritte schädigen, so Dirk Baier: «Man bedenke nur, dass eine ähnlich aussehende Person von anderen Usern gemeldet wird», sagt der Kriminologe. «Dass sie wegen der vermeintlich von ihr begangenen Tat beschimpft wird.»

Oftmals würden die sozialen Medien als Form des modernen Prangers missbraucht. Das birgt grosse Risiken. Und: Die Wahrscheinlichkeit, dass einer aus der Gruppe die Tatperson wirklich kennt, sei sehr gering. Somit auch der Erfolg eines solchen Aufrufs.

Aus diesen Gründen sind für Baier solche Aktionen zu unterlassen. «Das einzig richtige Vorgehen ist, den Strafverfolgungsbehörden sämtliches Material zu übergeben und diese ihre Arbeit machen zu lassen», führt er aus. «Alles andere könnte am Ende kontraproduktiv sein.»

Schutz für Dieb in der Praxis schwierig

Immerhin: In der Praxis sei es für einen Dieb schwierig, sich wirksam zur Wehr zu setzen. Denn: «Eine Klage würde bedeuten, dass der Dieb den Diebstahl zugibt», sagt Rechtsanwalt Martin Steiger.

Hast du bei dir zu Hause Überwachungskameras installiert?

Wenn ein Dieb aber erwischt wird, kann es zum Thema werden, ob die Aufnahmen als Beweis verwertet werden dürfen oder nicht. Das Gleiche gilt, wenn der Täter mit einem Onlinedienst für Gesichtserkennung überhaupt erst identifiziert wurde.

Wie es für die Userin weitergeht, wird sich also erst zeigen.

Die Kantonspolizei Aargau bestätigt auf Anfrage von Nau.ch jedenfalls, dass sie eine Meldung über diesen Diebstahl erhalten hat. «Die Ermittlungen laufen», sagt Mediensprecher Pascal Wenzel.

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Kommentare

User #6314 (nicht angemeldet)

Bei einer bewussten Straftat sollten solche Rechte der Täter nicht zum Tragen kommen. Verkehrte Welt!

User #5465 (nicht angemeldet)

Vielleicht sollte der Anwalt lieber solche warnen, welche auf der Strasse oder sonst wo die Leute ungefragt fotografiert, was ganz sicher nicht der Sicherheit dient, sondern höchstens Stalkern auf die Sprünge hilft. Wo sind hier die Warnausschussstösse des Antwaltes???? Sollte die Polizei den Täter noch nicht gefasst haben, könnte der angebliche Internetpranger dieser sogar noch dienlich sein, z.B.

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