«Täglich Zahnseide»: So merkt dein Zahnarzt, dass du lügst
Eigentlich sollte man täglich Zahnseide benutzen. Doch das tun längst nicht alle. Eine kleine Notlüge bei der Dentalhygiene bringt jedoch nichts.

Das Wichtigste in Kürze
- Beim Zahnarzt über die eigenen Zahnpflegegewohnheiten zu sprechen, kann schwierig sein.
- Es gibt mehrere psychologische Gründe, weshalb man diesbezüglich nicht immer ehrlich ist.
- Allerdings erkennen Fachpersonen das normalerweise.
Der Besuch beim Zahnarzt oder bei der Dentalhygienikerin gehört für viele wohl zum eher unangenehmen Teil des Lebens.
Die physischen Schmerzen, die die Behandlung mit sich bringen kann, sind das eine. Der psychologische Druck, den man dabei erleben kann, das andere.
Beispielsweise können Fragen zur Mundhygiene unangenehm sein. Insbesondere, wenn die eigenen Gewohnheiten nicht ganz dem Idealbild entsprechen.
Da könnte man schon mal in die Versuchung kommen, eine kleine Notlüge auszupacken. Sätze wie: «Ich brauche täglich Zahnseide.»
Lügen bringt allerdings nichts.
Dentalhygiene-Präsidentin nennt vier Gründe für unehrliche Angaben
Conny Schwiete, Zentralpräsidentin beim Verband Swiss Dental Hygienists, bestätigt gegenüber Nau.ch: «Die These, dass viele Patientinnen und Patienten bei der Zahnpflege nicht immer ehrlich sind, hat durchaus eine psychologische Grundlage.»
Die Zahnpflegegewohnheiten würden oft nicht transparent dargelegt. Schwiete nennt vier Gründe dafür.
Erstens können Selbstbild und Scham zu nicht ganz ehrlichen Angaben führen. «Patienten möchten oft einen positiven Eindruck hinterlassen. Besonders, wenn sie Zahnpflege als ein Zeichen von Disziplin und Verantwortungsbewusstsein betrachten», erklärt Schwiete.
Zweitens ist die Angst vor Urteilen zu nennen. Man hat also Angst, für mangelhafte Zahnpflege kritisiert zu werden.
Drittens kommt oft mangelndes Bewusstsein hinzu – Patientinnen und Patienten wissen oft nicht, wie oft sie ihre Zähne überhaupt putzen sollen. «Sie schätzen ihre Mundhygienegewohnheiten unbewusst falsch ein und machen dadurch inkorrekte Angaben.»
Viertens spielt die Verdrängung von unangenehmen Wahrheiten eine Rolle. «Patienten belügen sich manchmal selbst, um ihr Verhalten zu rechtfertigen», führt Schwiete aus.
Erfahrener Zahnarzt kann aus Zähnen «Geschichte ablesen»
Allerdings gilt auch im Bereich der Mundhygiene: Lügen haben kurze Beine – beziehungsweise schlechte Zähne. Denn Fachpersonen erkennen normalerweise schnell, ob jemand die Wahrheit sagt oder nicht.

Andrea Renggli, Sprecherin der Schweizerischen Zahnärzte-Gesellschaft SSO, sagt: «Ein erfahrener Zahnarzt oder eine erfahrene Zahnärztin kann mit einem kurzen Blick auf die Zähne die ‹Geschichte› des Patienten ablesen.»
Die geschönten Aussagen der Patienten spielen für die Zahnärzte keine Rolle, so Renggli weiter.
«Entzündetes Zahnfleisch» entlarvt Zahnseide-Schwindel
Laut Schwiete vom Dentalhygiene-Verband gibt es mehrere Möglichkeiten, die schummelnde Patientin oder den schummelnden Patienten zu entlarven. «Entzündetes Zahnfleisch, Zahnstein oder Beläge deuten darauf hin, dass die Mundhygiene unzureichend ist.»
Stimmen diese Befunde nicht mit den Angaben des Patienten überein, kann dies auf Unehrlichkeit hinweisen. Es könne aber auch sein, dass jemand aufgrund seiner persönlichen Situation nicht in der Lage war, eine bessere Mundhygiene durchzuführen.

Dazu kommt, dass man eine Patientin oder einen Patienten oft über längere Zeit behandelt. Wenn die Befunde trotz angeblich verbesserter Hygiene gleich bleiben, gilt es herauszufinden, woran es liegen kann. «In diesem Fall braucht der Patient unsere Unterstützung und nicht unseren Tadel.»
Letztlich kann auch das Verhalten viel aussagen. «Unklare oder widersprüchliche Aussagen, Nervosität oder zögerliches Antworten» können laut Schwiete auf Unehrlichkeit hindeuten.
Experten raten nicht zur Konfrontation
Bleibt die Frage, wie man reagiert, wenn man merkt, dass eine Patientin oder ein Patient nicht ehrlich ist.
Wichtig sei, dass man «empathisch und professionell» bleibe, so Schwiete. Beim Grossteil der Patienten sei der gute Willen vorhanden. Eine direkte Konfrontation oder Beschuldigung sei nicht empfehlenswert. Stattdessen sollte man versuchen, Vertrauen aufzubauen und so ehrliche Kommunikation zu fördern.
Ähnliches sieht es auch Renggli von der Zahnärzte-Gesellschaft. Der Zahnarzt gebe «ein objektives Feedback» und zeige die Wichtigkeit einer guten Mundhygiene auf.
«Ziel der Kommunikation ist es, dass der Patient das Vertrauen nicht verliert. Sondern dass er motiviert wird, seine Zähne noch besser zu pflegen.»
Die Patientin oder der Patient profitiert selbst am meisten von ehrlichen Angaben. Schwiete erklärt: «Letztlich ist eine ehrliche Kommunikation entscheidend für eine bedarfsgerechte Betreuung und den langfristigen Erhalt der Mundgesundheit.»
Das sieht auch Renggli von der SSO so: «Der Patient ist letztlich für seine Gesundheit verantwortlich und belügt nur sich selbst.»