Tierrecht-Stiftung sieht erheblichen Handlungsbedarf bei Tierschutz
Immer wieder kommt es in der Schweiz zu Verstössen in der Tierhaltung: Gegenüber dem Vorjahr gab es zwar einen Rückgang – die Dunkelziffer sei jedoch hoch.
Das Wichtigste in Kürze
- Die Stiftung Tier im Recht kritisiert den Umgang mit Tierschutzverstössen in der Schweiz.
- Es müsse mit einer hohen Dunkelziffer nicht geahndeter Tierschutzdelikte gerechnet werden.
- Die Fälle bei wildlebenden Tieren hat um 20 Prozent zugenommen.
Tierschutzverstösse werden in der Schweiz häufig bagatellisiert, kritisierte die Stiftung Tier im Recht am Mittwoch an einer Medienkonferenz in Zürich. Es gebe im Tierschutzstrafvollzug «erheblichen Handlungsbedarf».
Die Stiftung Tier im Recht (Tir) hat die im Jahr 2020 landesweit gemeldeten Straffälle analysiert, die den Tierschutz betrafen. Mit 1919 erledigten Verfahren war zwar ein leichter Rückgang der Fallzahlen im Vergleich zum Vorjahr um 0,9 Prozent zu verzeichnen.
Angesichts der Millionen in der Schweiz gehaltenen Tiere müsse allerdings von einer hohen Dunkelziffer nicht geahndeter Tierschutzdelikte ausgegangen werden. Dies hielt Bianca Körner fest. Sie verwies darauf, dass 2020 bei rund 1,7 Millionen Katzen nur 168 diese Vierbeiner betreffende Strafentscheide gefällt worden seien.
Fälle von wildlebenden Tieren um 20 Prozent zugenommen
Die meisten Fälle betrafen Heimtiere (53 Prozent). In Bezug auf die Tierarten waren zumeist Hunde (754 Fälle) und Rinder (324 Fälle) betroffen. Fälle, die wildlebende Tiere betrafen, nahmen um fast 20 Prozent zu. Dies ist vor allem auf die Fallzahlen im Bereich Fische zurückzuführen.
Tierschutzverstösse würden oft bagatellisiert, sagte Sibel Kyono. Dies zeige sich etwa bei der Entwicklung der ausgesprochenen unbedingten Geldstrafen. 2020 lag der kantonale Durchschnitt bei 55 Tagessätzen (2019:61), der Median bei 35 Tagessätzen (2019:50).
Der mögliche Strafrahmen werde bei den Verfahren kaum ausgenutzt, kritisierte Kyono. Zudem fielen die Strafen auch dann tief aus, wenn eine Person gleich mehrere Tiere quäle oder ein Tier mehrmals schlage.
Fallzahlen stagniert
Als problematisch stuft die Stiftung des Weiteren ein, dass die Fallzahlen grundsätzlich stagnierten. Zudem habe die Justiz Schwierigkeiten bei der Abgrenzung von Tierquälerei und übrigen Widerhandlungen im Tierschutzgesetz bekundet.
In der Anwendung strafrechtlicher Grundsätze, wie etwa der Abgrenzung von Vorsatz und Fahrlässigkeit, bestünden mitunter «erschreckende» Defizite. Dies heisst es in den Unterlagen zur jährlichen Studie, die zum 17. Mal erstellt wurde.
Kantone befassen sich mit Tierschutz
Kantone, die spezielle Vollzugsstrukturen und Fachstellen im Tierschutzvollzug geschaffen haben, schnitten in der Tir-Analyse besser ab als andere. Dies führte Bianca Körner aus. Diese würden über mehr personelle Ressourcen verfügen und seien entsprechend sensibilisiert. Unter anderem in den Kantonen Aargau, Bern, Solothurn oder Zürich befassen sich spezielle Abteilungen bei der Kantonspolizei mit dem Tierschutz.
Die Stiftung fordert deshalb, dass alle Kantone «griffige Strukturen» schaffen. Es brauche Fachkompetenz und Ausbildung, damit allfälligen Verstössen gegen die Tierschutzgesetzgebung konsequent nachgegangen werden könne.
In absoluten Zahlen wurden im letzten Jahr die meisten Tierschutzstrafentscheide in den Kantonen Zürich (320) und Bern (267) gefällt. Mit 2,06 Fällen auf 10'000 Einwohnende liegt der Kanton Zürich allerdings unter dem kantonalen Durchschnitt von 2,64 Fällen.