Türkisches Grosi kann nicht in Schweiz einreisen – Pass verschüttet
Die Schweizer Bürokratie verhindert einer 83-jährigen Türkin, in die Schweiz einzureisen. Ihr Pass wurde durch das Erdbeben verschüttet.
Das Wichtigste in Kürze
- Gülcan Sefil will ihre Grossmutter nach dem Erdbeben aus der Türkei in die Schweiz holen.
- Doch die Reisedokumente der 83-Jährigen wurden verschüttet.
- Obwohl sie bereits letztes Jahr ein Visum erhielt, verweigert die Schweiz ihre Einreise.
Die Grossmutter von Gülcan Sefil befindet sich in einem Erdbebengebiet der Türkei. Vorübergehend will die Aargauerin die 83-Jährige in die Schweiz holen. Ihr Haus liege in Schutt und Asche, sagt Sefil gegenüber dem «Tagesanzeiger». Darunter auch die Reisedokumente, die ihre Grossmutter dringend für die Einreise in die Schweiz bräuchte.
Deshalb schickte Sefil dem Schweizer Konsulat eine Passkopie. Vor einem Jahr erhielt die Türkin bereits ein Visum für die Schweiz – die Behörden besitzen ihre Daten bereits. Trotzdem wird ihre Einreise verweigert.
Sefil legt der Zeitung die Begründung des Konsulats offen: «Die Visabestimmungen haben sich aufgrund des Erdbebens nicht geändert. Bitte nehmen Sie zur Kenntnis, dass für die Ausreise aus der Türkei der Besitz eines gültigen Reisepasses Voraussetzung ist.»
Sefil hat kein Verständnis dafür. Ihre Grossmutter stünde im Pyjama bei minus 14 Grad draussen und übernachte in einem Auto. «Wo soll sie diese Dokumente herholen?»
Auch für das vereinfachte Visaverfahren, um Menschen mit medizinischen Problemen schneller in die Schweiz zu holen, braucht es einen Pass. Sefil hat dies bereits versucht. «Wir verstehen Ihre Besorgnis um Ihre Angehörigen und Verwandten und Ihren Wunsch, ihnen rasch zu helfen», schreibt ihr das Staatssekretariat für Migration (SEM).
«Doch für sämtliche türkische und syrische Staatsangehörige gelten die üblichen Bedingungen für die Einreise und den Aufenthalt in der Schweiz.» Für eine Einreise in den Schengenraum von maximal 90 Tagen besagen diese: Drittstaatenangehörige aus Syrien und der Türkei müssen ein anerkanntes Reisedokument mit sich bringen. Es muss mindestens drei Monate über das Datum der vorgesehenen Ausreise gültig und vor weniger als 10 Jahren erstellt worden sein.
«Jetzt ist der Moment, um unbürokratisch Hilfe zu leisten»
Laut einem Bericht von «Blick» hat Bundesrätin Elisabeth Baume Schneider aber erkannt, dass die Beschaffung gültiger Reisedokumente derzeit unmöglich ist. Bestimmungen sollen eingeführt werden, um Angehörige aus betroffenen Gebieten einfacher vorübergehend in die Schweiz zu holen.
Auf Anfrage des «Tagesanzeigers» stellt das SEM aber klar: Es wird keine Visaerleichterungen oder Sonderregelungen für Angehörige in der Türkei und in Syrien geben. Man stehe mit den türkischen Behörden in engem Kontakt, um die «rasche Ausstellung eines Notfallpasses möglichst pragmatisch zu lösen». Die Visumverfahren würden in Übereinstimmung mit dem Schengen-Recht durchgeführt. Doch die Schweiz kann aus eigener Hand Visa erteilen.
Kritik wird von Expertenseite laut, auch Sefil hat kein Verständnis für diesen Entscheid: «Jetzt ist der Moment, um unbürokratisch Hilfe zu leisten.»