Ukraine Krieg: Flüchtlinge dürfen nicht nach Schaffhausen zügeln
Zwei Flüchtlinge kommen aus dem Ukraine-Krieg nach Zürich. Job und Wohnung finden Sie in Schaffhausen – doch der Kanton will sie nicht. Die Gastgeberin erzählt.
Das Wichtigste in Kürze
- Zwei Ukrainer kommen Ende März in die Schweiz, erhalten den Schutzstatus S in Zürich.
- Die beiden finden innert drei Monaten einen Job und eine Wohnung – in Schaffhausen.
- Nun bekommen sie den «Kantönligeist der Schweiz» zu spüren, wie ihre Gastgeberin erzählt.
Andriy* (24) und Yulia* (18) sind keine drei Monate in der Schweiz. Und schon haben die beiden Geflüchteten aus dem Ukraine-Krieg Wohnung und Job gefunden.
«Die beiden wären eigentlich Paradebeispiele, wie Integration funktionieren kann», sagt ihre Gastgeberin Anja Windler aus dem Zürcher Weinland zu Nau.ch. Eigentlich ...
Flüchtlinge aus Ukraine-Krieg sollen wieder ausziehen
Nach grosser Anstrengung wird das Paar in Schaffhausen fündig. «Per 1. Juli sind Andriy und Yulia unabhängig von der Asylkoordination und bekommen weder finanzielle noch sonstige Unterstützung. Die Asylkoordination des Kantons Zürich teilte uns mit, dass ein Kantonswechsel deshalb völlig unproblematisch sei», so Windler.
Das junge Paar zieht daraufhin in die eigene Wohnung. Die Freude ist riesig, aber von kurzer Dauer. Bald liegt nämlich dicke Post im Briefkasten.
Das Migrationsamt des Kantons Schaffhausen lehnt das Gesuch auf den Kantonswechsel ab! Windler ist schwer enttäuscht. Für sie ist klar: «Dagegen lege ich Rekurs ein.»
Keine Begründung
Sie versucht, die Taskforce für Kantonswechsel vom Staatssekretariat für Migration SEM telefonisch zu erreichen – ohne Erfolg. Einwände können nur schriftlich geltend gemacht werden.
Doch auch auf schriftlichem Weg ist es schwierig: Das Migrationsamt Schaffhausen lehnt das Kantonswechsel-Gesuch ab – ohne Begründung. «Wir wussten also gar nicht, wogegen wir argumentieren sollen.»
Also wendet sich Windler per Mail an das SEM, um ihr Unverständnis zu erklären. Die Antwort: Die Ukrainer sollen von Zürich nach Schaffhausen pendeln. Zudem sei man nicht verantwortlich. Sie solle ihr Problem dem Kanton Schaffhausen schildern.
Das versucht die frühere Gastgeberin der Flüchtlinge aus dem Ukraine-Krieg. Doch nach eineinhalb Stunden in der Telefon-Warteschleife des Migrationsamts fliegt sie aus der Leitung.
Beim Passbüro sagt man ihr, dass das Amt an diesem Tag wegen einer Sitzung nicht besetzt sei. Die Antwort auf ihre schriftliche Anfrage: Man äussere sich nicht zu einem laufenden Verfahren.
(Fast) Alle Punkte für Kantonswechsel sind erfüllt!
Auf die Frage von Nau.ch erklärt das SEM, ein Kantonswechsel-Gesuch könne bewilligt werden, wenn es begründet sei und beide Kantone einverstanden sind.
Als Begründung gelte etwa: Vereinigung der Kernfamilie, Umzug in eine passende Privatunterkunft oder eine ausserkantonale Erwerbstätigkeit.
Beim Umzug aufgrund eines Jobs im anderen Kanton werden noch weitere Kriterien beachtet: Die Betroffenen dürfen keine Sozialhilfe beziehen und ihren Job seit einem Jahr haben. Ist das letzte Kriterium nicht erfüllt, muss ein Verbleib im Wohnkanton «nicht zumutbar» sein.
Auf diese Regeln verweist auch der Kanton Schaffhausen. Werden nicht alle Voraussetzungen erfüllt, und komme es auf die Zustimmung der Kantone an, werde der Einzelfall angeschaut. Zum konkreten Fall darf das Migrationsamt keine Auskunft geben.
«Verstehe die Welt nicht mehr»
Der definitive Entscheid, ob Andriy und Yulia wieder ausziehen müssen, wird in den nächsten zwei Wochen gefällt.
«Falls das tatsächlich passiert, verstehe ich die Welt nicht mehr», sagt Windler. «Die Wohnung in Schaffhausen haben die beiden nur mit unserer Mithilfe und viel Aufwand bekommen.»
Im Kanton Zürich hatten die Flüchtlinge aus dem Ukraine-Krieg in kurzer Zeit keine Chance auf eine zahlbare Wohnung. «Erwartet man jetzt einfach, dass sie wieder zu ihrer Gastfamilie ziehen können?»
*Namen der Redaktion bekannt