Ukraine Krieg: Kinder an Berner Schule allein gelassen
Der Zustrom an geflüchteten Kindern aus dem Ukraine-Krieg stellt Mitschüler und Lehrpersonen vor Herausforderungen. Das zeigt ein Beispiel aus dem Kanton Bern.
Das Wichtigste in Kürze
- Eine Berner Sekundarschule hat zwei neue Schüler aus der Ukraine.
- Was bei einer Mitschülerin für Erstaunen sorgte: Es gab keine Begrüssung oder Vorstellung.
- Offenbar wusste die Lehrerin nicht, dass es der erste Tag der ukrainischen Kinder war.
«Das war echt komisch», erzählt Achtklässlerin Alina* (14), die eine Sekundarschule* im Berner Mittelland besucht. «Die beiden sassen an einem Dienstagnachmittag plötzlich bei uns im Schulzimmer. Aber niemand verlor ein Wort darüber.» Die Rede ist von einer neuen Mitschülerin und einem neuen Mitschüler – zwei Jugendliche, die aus dem Ukraine-Krieg flüchten mussten.
«Uns wurde am Tag vorher gesagt, dass unsere Klasse Zuwachs bekommt. Das war alles – die beiden wurden dann nicht einmal von der Lehrerin begrüsst.» Eine Vorstellungsrunde gab es nicht, auch kein Willkommen. Lediglich die Namen der Jugendlichen habe die Lehrperson genannt.
Die beiden sprechen nur gebrochen Englisch und kein Deutsch, eine Verständigung ist schwierig. «Wir probieren aber, miteinander zu reden», erzählt Alina.
Wie kann so ein Chaos passieren?
Lehrerin wusste nichts vom ersten Schultag der Ukraine-Kinder
Die Flüchtlingssituation stellt Lehrpersonen und Schüler vor Herausforderungen, wie auch dieses Beispiel zeigt. An der Kommunikation zwischen Kanton und Schule hat es aber offenbar nicht gelegen. Vielmehr kam es zu einem Missverständnis beim Personal, wie eine Anfrage bei der Schule ergibt.
Der Schulleiter sagt zu Nau.ch: «In der Nachbargemeinde gibt es eine Willkommensklasse mit zehn Kindern. Da diese an ihre Grenzen stösst, werden die zwei ältesten Kinder nun langsam in den normalen Unterricht bei uns integriert.»
Die betreffende Klassenlehrerin sei eigentlich informiert worden, doch wegen einer Stellvertretung gab es offenbar Verwirrung. «Wahrscheinlich wusste sie nicht, dass es der erste Schultag für die beiden ukrainischen Kinder war.»
Pädagogin über Ukraine-Krieg: «Integration Teil der Schweizer Kulturgeschichte»
Eine Institution, der bewusst ist, dass die Situation mit dem Ukraine-Krieg nicht immer einfach ist, ist die Pädagogische Hochschule Bern. Für Heilpädagogin Ursula Brunner steht jedoch fest: «Es ist es eine Selbstverständlichkeit, dass man neue Schülerinnen und Schüler willkommen heisst.»
Zum konkreten Fall möchte sich Brunner bei Nau.ch nicht weiter äussern, da sie die genaue Situation der Schule nicht kennt. Für sie ist aber klar: Solche und ähnliche Situationen sind eindeutig die Ausnahme.
«Unsere Lehrpersonen wissen, wie man mit Kindern aus anderen Sprachregionen und geflüchteten Kindern umgeht. Integration ist Teil der Schweizer Kulturgeschichte.» Es sei Aufgabe der Schule, den Jugendlichen Stabilität und Routine zu geben – eine Aufgabe, die sie seit Jahrzehnten meistere.
Dennoch: Der Ukraine-Krieg und der damit verbundene plötzliche Zustrom an fremdsprachigen Kindern sei «für alle belastend». Auch für die Mitschüler und Mitschülerinnen. Deshalb unterstützt die PH Bern Schulen und Lehrpersonen bei der Integration – ein Projekt, bei dem auch Brunner mitwirkt. So soll der Zugang zu Bildung für die geflüchteten Schüler aus der Ukraine möglichst gut gelingen.
*Name und Ort der Redaktion bekannt