Umweltskandal in Mitholzer Kiesgrube zieht immer weitere Kreise
Im Umweltskandal um die Kiesgrube in Mitholz BE gibt es neue Erkenntnisse. Über Jahre hinweg soll belastetes Material illegal abgelagert worden sein.
Das Wichtigste in Kürze
- Ein Berner Transportunternehmer hat über Jahre belastetes Material deponiert.
- Die Zürcher Baustoff-Unternehmen fühlen sich hintergangen.
- Die Justiz hat sich eingeschaltet.
Nicht nur giftiger Bahnschotter, auch andere belastete Materialien sind über Jahre illegal im Steinbruch Mitholz im Berner Oberland abgelagert worden. Das zeigen jüngste Recherchen der «SRF»-Sendung «Rundschau» und der «Tamedia»-Zeitungen.
Die Spur führt zu einem Berner Transportunternehmer, wie Dokumente des Rechercheteams von «Rundschau» und «Berner Zeitung» zeigen. Dem Mann wird vorgeworfen, er habe von zwei Zürcher Baustoff-Unternehmen Inertstoffe übernommen. Nach der Waschung vom Aushub habe er den übrig bleibende Pressschlamm zur Entsorgung übernommen.
Steinbruch ist explizit keine Deponie
Den Zürchern habe der Berner Transporteur die Kosten für eine legale Entsorgung dieser mutmasslich teilweise belasteten Stoffe verrechnet. Diese müssen nämlich in entsprechend gesicherten Deponien abgelegt werden, was seinen Preis hat.
Die Stoffe wurden allerdings nicht wie vereinbart in die gesicherte Deponie gebracht. Die vom Transportunternehmer angeheuerten Chauffeure verfrachteten die Materialien in den zum «Vigier»-Konzern gehörenden Steinbruch nach Mitholz.
Der Steinbruch ist explizit keine Deponie. Er darf aber zur Auffüllung sauberen Aushub verwenden. So mussten die Chauffeure kurzerhand ihre Ladung für Mitholz als sauber umdeklarieren. Der Schwindel fiel im Berner Oberland offenbar niemandem auf.
Die Ablagerung sauberer Stoffe ist deutlich billiger als für verschmutzte Stoffe. Der Gewinn wurde vom Transporteur eingestrichen. Die beiden Zürcher Firmen fühlen sich vom Transporteur übers Ohr gehauen.
Transportscheine wurden korrigiert
Inzwischen ist die Justiz tätig geworden. Die Betroffenen machen daher mit Verweis auf die laufenden Untersuchungen keine näheren Angaben zum Fall.
Nebst einer Strafuntersuchung zum Betrieb einer mutmasslich illegalen Deponie in Mitholz, werden auch die Geschäfte des Transportunternehmers durchleuchtet. Ihm werden Betrug und Vergehen gegen die Gewässerschutz-, Umweltschutz- und Abfallgesetzgebung vorgeworfen. Es gilt die Unschuldsvermutung, bis ein rechtskräftiges Urteil vorliegt.
Dokumente, die dem Rechercheteam vorliegen, zeigen, dass der Transporteur im zürcherischen Regensdorf jeweils Inertstoffe oder Pressschlamm entgegennahm. Zielort war dabei Attisholz im Kanton Solothurn. Dort befindet sich eine entsprechende Deponie.
Ein Transportschein, in den die Nachrichtenagentur «Keystone-sda» Einsicht nehmen konnte, zeigt: Unter dem aufgeführten Bestimmungsort Attisholz wurde von Hand ein Pfeil eingezeichnet und dahinter der Ort Blausee vermerkt. Die Liefermenge betrug fast 30 Tonnen.
Tausende Tonnen Pressschlamm in Kiesgrube
Verschiedene Chauffeure berichteten gegenüber dem Rechercheteam, dass sie jeweils unterwegs vom Chef angewiesen wurden. Der Chef befahl, die Ladung statt nach Attisholz in den Steinbruch Mitholz zu bringen.
Zwischen 2015 und 2017 dürften so Hunderte, wenn nicht Tausende Tonnen Pressschlamm und belastetes Material nach Mitholz gelangt sein. Wie viel genau verschmutzt war, ist noch unklar. Bei mindestens 4500 Tonnen besteht immerhin ein Verdacht.
Bei den nach Mitholz gebrachten Stoffen handelt es sich mutmasslich um solche mit leichteren Verunreinigungen.
Blausee erlebt seit 2018 immer wieder Fischsterben
Seit 2018 kam es bei der Forellenzucht am Blausee immer wieder zu Fischsterben. Die prominenten Besitzer des Ausflugsziels mit Fischzucht reichten im vergangenen Sommer Strafanzeige ein. Die Besitzer um ex-Nationalbankpräsident Philipp Hildebrand, vermuteten, dass illegal im Steinbruch abgelagerter Müll dafür verantwortlich sein könnte.
Im Fokus stand das Bahnunternehmen «BLS». Im Steinbruch Mitholz soll verschmutzter Altschotter gelagert worden sein, der bei der Sanierung des Lötschberg-Scheiteltunnels anfiel. Auch giftige alte Bahnschwellen sollen in die etwas mehr als einen Kilometer vom Ausflugsziel Blausee entfernte Kiesgrube gelangt sein.