Unerwünschte Werbeanrufe - Gericht prüft Vorwurf der Unlauterkeit

Mit unerwünschten Werbeanrufen haben Telefonverkäufer Kunden in der ganzen Schweiz belästigt - auch solche mit Stern-Eintrag im Telefonverzeichnis.

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Menschen überqueren eine Strasse. (Symbolbild) - Keystone

Mit unerwünschten Werbeanrufen haben Telefonverkäufer Kunden in der ganzen Schweiz belästigt - auch solche mit Stern-Eintrag im Telefonverzeichnis. Der verantwortliche Geschäftsführer und seine Frau standen am Montag in St. Gallen vor Kantonsgericht.

Die Staatsanwaltschaft und das Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) werfen dem Ehepaar unlauteren Wettbewerb vor. Die Staatsanwältin beantragte für den 54-jährigen Kaufmann eine bedingte Geldstrafe von 100 Tagessätzen zu 750 Franken, für die 53-jährige Frau eine bedingte Geldstrafe von 15 Tagessätzen.

Zudem sei ein beschlagnahmtes Konto des Geschäftsmanns mit 250'000 Franken einzuziehen, forderte die Staatsanwältin. Die beiden Beschuldigten wiesen die Vorwürfe zurück. Ihre Verteidiger verlangten Freisprüche. Das Urteil des Kantonsgerichts wird in den nächsten Tagen erwartet.

Der beschuldigte Geschäftsmann führt seit dem Jahr 2000 eine Gruppe von Firmen, die Nahrungsergänzungsmittel und kosmetische Produkte vertreiben, hauptsächlich im Direktverkauf per Telefon. Zeitweise beschäftigte das Unternehmen 200 Angestellte. Heute sind es laut dem Geschäftsführer noch rund 60.

Dutzende Beschwerden

Die Staatsanwältin sprach von einem «lukrativen, grossen, gutgehenden Firmengeflecht». Durch die Anrufe aus den Callcentern hätten sich zahlreiche Personen «massiv belästigt» gefühlt. Beim SECO gingen in den Jahren 2012 bis 2014 Dutzende von Beschwerden ein. Das SECO erstattete Strafanzeige.

In gut 50 Fällen sollen die Verkäufer auch Personen mit einem Stern-Eintrag im Telefonverzeichnis angerufen haben, die ausdrücklich keine solchen Anrufe wünschten. Der Anwalt des SECO unterstützte die Anklage. Die Beschwerden seien «nur die Spitze des Eisbergs», sagte er. Dies sei kein Bagatellfall.

Der beschuldigte Geschäftsführer zeigte sich erstaunt über die Vorwürfe. Man habe nur Kunden angerufen, zu denen eine Geschäftsbeziehung bestanden habe. Dies sei erlaubt, auch wenn die Kunden einen Stern-Eintrag hätten. Die Telefonverkäufer hätten nach einem Leitfaden gearbeitet und seien kontrolliert worden.

Vorwürfe zurückgewiesen

Um neue Kunden zu gewinnen, hätten die Telefonverkäufer nur Personen ohne Stern-Eintrag angerufen. Dabei habe man mit dem jeweils aktuellsten Twixtel-Verzeichnis auf CD gearbeitet, das zwei Mal im Jahr herauskam. «Wir haben alles gemacht, was wir konnten», beteuerte der Geschäftsführer.

Sein Verteidiger liess kein gutes Haar an der Anklage. In fast allen Beschwerdefällen habe eine Kundenbeziehung zu den Betroffenen bestanden. Zum Teil seien die Telefonnummern der Anrufer keiner Firma des Beschuldigten zuzuordnen.

Nur gerade vier unerwünschte Anrufe an Personen mit Stern-Eintrag seien dokumentiert. Dies sei verschwindend wenig angesichts der täglich Tausenden von Anrufen aus den Callcentern, argumentierte der Verteidiger. Die Strafanträge seien überrissen und die beantragte Einziehung der 250'000 Franken schlicht «unmöglich».

Ehefrau distanziert sich

Die mitangeklagte Ehefrau des Geschäftsführers erklärte, sie habe «mit diesen Anrufen nichts zu tun». Sie sei für die Firmen ihres Mannes zwar zeichnungsberechtigt gewesen, aber nur zur Sicherheit für den Fall, dass dem Mann etwas zustossen würde. Tatsächlich habe sie in den Firmen keine Funktion gehabt, betonte ihr Verteidiger.

Das Kantonsgericht beurteilt den Fall in zweiter Instanz. Das Kreisgericht Rheintal hatte die beiden Beschuldigten im April 2016 freigesprochen. Die Vorwürfe seien zu wenig konkret dokumentiert und die Beweise ungenügend, fand es. Staatsanwaltschaft und SECO waren mit dem Urteil nicht zufrieden und zogen den Fall ans Kantonsgericht weiter.

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