Unilabs: Zockt Mega-Blutanalyse-Firma Kunden ab?
Ein Nau.ch-Leser erhält ungerechtfertigte Rechnungen vom Blutanalyse-Labor Unilabs. Steckt ein dubioses Geschäftsmodell dahinter?
Das Wichtigste in Kürze
- Das Blutanalyse-Labor Unilabs stellt ungerechtfertigte Rechnungen aus.
- Ein Nau.ch-Leser wittert ein dubioses Geschäftsmodell.
- Konsumentenschutz und Comparis sprechen von einem «schlechten Kundenservice».
Eines der grössten Blutanalyse-Labors der Schweiz verschickt zu Unrecht Rechnungen an einen Nau.ch-Leser. Erreichbar ist das Unternehmen nicht. Konsumentenschutz und Comparis äussern Kritik.
Was ist passiert?
Wegen eines grippalen Infekts fallen bei Nau.ch-Leser Peter K*. diverse Blutuntersuchungen an. Das Medbase Bahnhof Bern veranlasst diese und sendet die Blutproben an das Blutanalyse-Labor Unilabs.
Peter K. hat eine Krankenversicherung mit dem «Tiers Payant»-System. Heisst: Medizinische Rechnungen gehen direkt an die Krankenkasse, im Gegensatz zum «Tiers Garant»-Modell. Hier muss der Patient für die Rechnung aufkommen, woraufhin er bei seiner Krankenkasse eine Rückerstattung anfordern kann.
Kommunikationsprobleme und wachsende Verwirrung
Trotzdem erhält Peter K., der in einem 100-Prozent-Pensum arbeitet, eine erste Rechnung von Unilabs. «Telefonisch ist das Unternehmen nur zu Bürozeiten erreichbar, also habe ich die Rechnung bezahlt», sagt er. Immerhin habe es sich lediglich um einen Betrag von rund 20 Franken gehandelt.
Doch bei diesem bleibt es nicht.
«Plötzlich flatterte eine Rechnung nach der anderen herein.» Irgendwann hatte Peter K. dann Zeit, anzurufen.
«Dann hiess es aber von der Sprechansage, dass ich mich bei Rechnungsfragen via Mail an sie wenden müsse.» Peter K. ist irritiert: «Auf der Rechnung war diese E-Mail nirgends hinterlegt.»
Also schreibt Peter K. eine E-Mail. Prompt kommt eine automatische Antwort.
Der Inhalt: «Wenn Ihre Frage eine (...) Rechnung betrifft, liegt das daran, dass unsere Systeme keine Übereinstimmung mit einer Versicherung finden konnten.»
Dies könne auf mehrere Faktoren zurückzuführen sein, «die ausserhalb des Einflussbereichs von Unilabs liegen». Und weiter: «Deshalb bitten wir Sie, den Rückforderungsbeleg umgehend Ihrer Krankenkasse zu senden und die Rechnung an Unilabs zu bezahlen.»
Peter K. traut seinen Augen nicht. «Was glauben die eigentlich?», fragt er wütend und ergänzt: «Eine der prominent platzierten Durchwahlmöglichkeiten sind Inkasso-Angelegenheiten.»
Macht Unilabs Geschäft mit versäumten Rechnungen?
Der Nau.ch-Leser wittert darum ein Geschäftsmodell: «Die pochen doch darauf, dass jemand die Rechnung nicht zahlt, damit die dann Mahngebühren erheben können!» Nach einigen Tagen hat Peter K. Glück im Unglück.
Er erreicht eine Geschäftsstelle des Unternehmens, «eine freundliche Mitarbeiterin löste das Problem und stornierte alle Rechnungen». Doch ist etwas an den Mutmassungen von Peter K. dran? Nau.ch hat nachgefragt.
Experten ordnen ein: «Kundenservice keine Priorität»
Felix Schneuwly von Comparis hält fest: «Rechtlich gesehen ist beim Tiers-Payant der Krankenversicherer Schuldner, nicht die versicherte Person.» Zulässig sind Mahnungen also nur an die Krankenkasse.
Der Experte findet zudem: «Das Ganze ist man sich von dubiosen Unternehmen gewöhnt, nicht von einem Unternehmen wie Unilabs.»
Ein Geschäftsmodell ist für Schneuwly «schwer vorstellbar». Nicht auszuschliessen sei aber, «dass das Unternehmen mit einer Inkasso-Firma zusammenarbeitet, die dieses Vorgehen empfohlen hat. Dass bei Tiers-Payant Rechnungen an Versicherte und nicht an Versicherer gehen, ist unverzeihlich.»
Dabei handle es sich aber nur um eine Hypothese. Was hingegen feststehe: Wenn die ganze Hotline so aufgebaut ist, sei dies «ganz klar systematisches Vorgehen und muss korrigiert werden».
Kritik gibt es auch vom Konsumentenschutz: «Schlechte Erreichbarkeit, Querverweise auf andere Kommunikationskanäle und schwer auffindbare Kontaktinformationen (...) sprechen dafür, dass guter Kundenservice bei Unilabs keine hohe Priorität geniesst», heisst es auf Anfrage.
Ob das gezieltes Vorgehen oder die zuständige Abteilung «einfach nicht in der Lage ist, kundenfreundlich und fehlerfrei zu arbeiten (...)», sei schwer zu beurteilen.
Auf Anfrage von Nau.ch gibt es von Unilabs lediglich eine Rückmeldung, die Comparis als «klassische PR-Antwort» bezeichnet. «Wir sind uns völlig darüber im Klaren, dass Fehler passieren können. Uns ist bewusst, dass es Patienten belasten kann, falls Rechnungen versehentlich direkt an sie versendet wurden anstatt an die Krankenkasse.» Man wolle sich für die entstandenen Unannehmlichkeiten entschuldigen.
Das Unternehmen verweist bei Unzufriedenheit seitens Kunden zudem auf eine weitere E-Mail-Adresse. Auch diese ist auf der Rechnung von Peter K. nirgends aufzufinden.
*Name geändert