Vaterschaftsurlaub wird von der SVP bombardiert
Die SVP will keinen bezahlten Vaterschaftsurlaub. Darum hat sie heute gegen zwei Wochen Papizeit das Referendum ergriffen. Der Schuss könnte nach hinten gehen.
Das Wichtigste in Kürze
- Der Bundesrat schlug einen bezahlten Vaterschaftsurlaub von zwei Wochen vor.
- Das Parlament sagte ja. Nun aber hat die SVP das Referendum ergriffen.
- Damit könnte sie allerdings dem politischen Gegner in die Hände spielen.
Im September stimmte das Parlament einer Papi-Zeit von zwei Wochen zu. Damit erfüllt es ein breit abgestütztes Anliegen: Rund 85 Prozent der Schweizer Bevölkerung wollen einen bezahlten Vaterschaftsurlaub. Das zeigt eine repräsentative Umfrage aus dem gleichen Monat.
Die SVP aber, obwohl normalerweise gerne «bi dä Lüt», hat heute das Referendum gegen den zweiwöchigen, bezahlten Vaterschaftsurlaub ergriffen. Federführend ist die Thurgauer Nationalrätin Diana Gutjahr, Besitzerin eines KMU.
Kampf dem Vaterschaftsurlaub
Bekommt die Volkspartei bis zum 23. Januar 50'000 Unterschriften zusammen, kann das Volk an der Urne entscheiden. Zwei Wochen Vaterschaftsurlaub – oder lieber weiterhin einen freien Tag zur Geburt des eigenen Kindes?
«Wer in der aktuellen Situation das Referendum ergreift, hat viel Mut», sagt Noch-SP-Nationalrat Adrian Wüthrich.
«Wir nehmen das Referendum sehr ernst. Ich schaue einer allfälligen Abstimmung über zwei Wochen Vaterschaftsurlaub aber sehr relaxed entgegen. Höchstwahrscheinlich tut die SVP uns da sogar einen Gefallen.»
Der Berner Sozialdemokrat Wüthrich war Mit-Initiant der Vaterschaftsurlaubs-Initiative. Diese forderte vier Wochen Papi-Zeit. Sie wurde schliesslich zurückgezogen, um der Forderung nach Elternzeit nicht im Weg zu stehen.
Kommt das Referendum gar nicht erst zu Stande – oder wird vom Volk abgelehnt – sei das eine Bestätigung für den bereits beschlossenen Vaterschaftsurlaub. Und ein weiterer Anstoss für die Elternzeit.
Bezahlte Papizeit hilft KMU
Etwas erstaunt den Präsidenten des Arbeitnehmenden-Dachverbands Travail.Suisse dann aber doch. «Der bezahlte Vaterschaftsurlaub von zwei Wochen stärkt die Position der Kleinen und Mittleren Unternehmen (KMU). Denn aktuell können es sich vor allem die Grossen leisten, die besten Arbeitskräfte mit Vaterschaftsurlaub zu locken.»
Zu sehen ist das etwa bei der Novartis, die den Vaterschaftsurlaub kürzlich auf 90 Tage verlängert hat. «Wenn allerdings der bezahlte Vaterschaftsurlaub eingeführt wird, sind die Voraussetzungen für die KMU wieder ausgeglichener. Das Risiko, dass grössere und finanzstärkere Unternehmen ihnen Arbeitskräfte abwerben, sinkt», so Wüthrich.
Erstaunt ist er, dass aussgerechnet Gutjahr, die selber von ihrem Vater ein KMU übernommen hat und erklärte Verfechterin entsprechender Interessen ist, sich als Gallionsfigur gegen den Vaterschaftsurlaub stellt.
Schweiz hinkt EU hinterher
Die EU hat sich zudem zu einer gesunden Work-Life-Balance verpflichtet. Damit einher geht die Pflicht für alle EU-Staaten, Arbeitnehmenden mindestens zwei Wochen Vaterschaftsurlaub und acht Wochen Elternzeit zu gewährleisten.
«Das wird in Europa also bald der Normalfall sein. Und klar, die Schweiz hat sich an die Rolle des Sonderfalls gewohnt. Es wäre aber doch speziell, wenn europäische Firmen schliesslich die Elternzeit in der Schweiz etablieren – statt dass wir das selber tun.»