Vergewaltigungsprozess in Chur: Rücktritt von Richter gefordert
Das Wichtigste in Kürze
- Ein ehemaliger Richter steht in Chur wegen mutmasslicher Vergewaltigung vor Gericht.
- Nun sorgt eine Aussage eines Prozess-Richters für Aufsehen.
- Nach seinen unsensiblen Fragen machen Frauen an einer Demo ihrem Ärger lautstark Luft.
Zurzeit sitzt in Chur ein ehemaliger Bündner Richter auf der Anklagebank. Ihm wird vorgeworfen, eine frühere Praktikantin sexuell belästigt und vergewaltigt zu haben.
Dass der Prozess im Kanton abgehalten wird, in dem der mutmassliche Täter gearbeitet hat, ist laut SRF umstritten. Nun sorgen Aussagen eines Beisitzrichters für zusätzliche Aufregung. Frauen fordern gar seinen Rücktritt.
Denn: Am ersten Prozesstag wurde das mutmassliche Opfer befragt. Als die vorsitzende Richterin ihre Befragung abgeschlossen hatte, übergab sie das Wort laut «Südostschweiz» einem ihrer Beisitzrichter.
Dieser fragte die Ex-Praktikantin und Juristin ungeniert: «Sie sind ja nicht unkräftig gebaut. Hätten Sie die Beine nicht besser zusammenpressen müssen?» Zusätzlich betont der Beisitzrichter, dass er diese Fragen stellen müsse.
Rücktritt von Beisitzrichter gefordert
Die Reaktionen daraufhin: Entsetzen und Unglaube. Ein Zürcher Richter fordert gegenüber der «Südostschweiz» den Rücktritt des Beisitzrichters. Ein Bündner Rechtsanwalt hält ihn «nach dieser Frage für nicht mehr tragbar in der Strafkammer».
Jean-Pierre Menge, SP-Gemeinderat und Jurist, verweist gar auf das neue Sexualstrafrecht. In diesem sei festgehalten, dass das Opfer sich nicht mehr aktiv wehren müsse und auch «Freezing» akzeptiert sei.
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Mit seiner Frage habe der Beisitzrichter eine rote Linie überschritten. Eine solche Frage müsse «als grober Schlag in das Gesicht des Opfers bezeichnet werden».
Demonstration vor Grossratsgebäude in Chur
Und auch vor dem Gericht formiert sich Widerstand. Am Freitagabend demonstrierten rund 200 Personen vor dem Grossratsgebäude in Chur, in dem der Prozess stattfindet.
«Wir sind hier, weil wir hässig sind», wird dort skandiert. Es sei nicht in Ordnung, eine Machtposition auszunützen, sagen die mehrheitlich weiblichen Demoteilnehmenden. «Wir haben die Schnauze voll von diesem System!»
«Das feministische Kollektiv hat mit grossem Befremden das Verfahren des Regionalgerichts Plessur gegen einen ehemaligen Verwaltungsrichter zur Kenntnis genommen.» Das sagt Giulia Casale vom feministischen Kollektiv Graubünden, welches die Demonstration organisiert hat, gegenüber der «Südostschweiz».
Es sei ein starkes Zeichen, dass man hier demonstriert habe, meint ein Mitglied des Kollektivs. Eine Demoteilnehmerin betont zudem: «Dass ein Richter das Opfer fragt, ob sie die Beine zusammengepresst habe, ist für mich kaum auszuhalten.»