Verkehrte Welt bei den Wirtschaftsverbänden
Das Wichtigste in Kürze
- Der Gewerbeverband ist für «No Billag», Economiesuisse dagegen.
- Die meisten Gewerbe-Unternehmen müssen aber gar keine Billag-Gebühr zahlen.
- Die Grossunternehmen der Economiesuisse dagegen bis zu 35'000 Franken. Das sei aber kein Problem.
Sind Unternehmen Personen? Juristisch gesehen schon. Dass Firmen aber Billag-Gebühren zahlen müssen, empfindet der Gewerbeverband als Abzockerei. Denn als Privatpersonen würden ja sowohl Firmenbesitzer wie auch die Mitarbeiter bereits die neu 365 Franken pro Jahr bezahlen (Nau berichtete). Deshalb hat das Gewerbe-Parlament ein Ja zu «No Billag» beschlossen.
Anders Economiesuisse. Billag-kritisch ist man auch dort, hätte zum Beispiel eine Halbierung der Gebühr befürwortet. Die No-Billag-Initiative aber sei «zu radikal»: «Konstruktive Kräfte können kein Interesse an der Zerschlagung der SRG haben. Und nur darum geht es hier.», sagt der Kommunikations-Chef Michael Wiesner.
Gute Argumente, aber beim «falschen» Verband
Beide Seiten haben also gute Argumente, nur: eigentlich müssten die Rollen vertauscht sein. Der Schweizerische Gewerbeverband SGV stösst sich daran, dass Unternehmen bis zu 35'590 Franken pro Jahr zahlen müssen. Das gilt für Multis mit über 1 Milliarde Franken Umsatz – also typische Economiesuisse-Mitglieder aus der Pharma-, Banken- oder Nahrungsmittelbranche.
KMU mit weniger als einer Million Umsatz – typische SGV-Mitglieder – zahlen weniger als wir Normalsterblichen: nämlich gar nichts (s. Tabelle unten). «Dass sich kleine Betriebe, die gar keine Billag-Gebühr zahlen, für die Initiative einsetzen, überrascht mich schon etwas», sagt Economiesuisse-Mann Wiesner.
Die meisten Unternehmen zahlen nichts
Auch Bundesrätin Doris Leuthards Departement UVEK rechnet vor, dass drei Viertel der Unternehmen gratis davonkommen. Dass dies auch für einen Grossteil der Gewerbeverbands-Mitglieder zutreffe, könne schon sein, sagt SGV-Direktor Hans-Ulrich Bigler gegenüber Nau.
Der springende Punkt sei aber ein anderer: «Rein von der Betriebsstruktur her ist das System ungerecht, weil vergleichbare Firmen nicht gleich behandelt werden. Ein kleines KMU von zwei, drei Mitarbeitern wird zum Beispiel von der Billag befreit. Ein anderer Betrieb, zum Beispiel ein Reisebüro, kommt auf einen grösseren Umsatz, aber nicht unbedingt mehr Gewinn – und muss dann zahlen.»
Viel Symbolpolitik
Für den Unmut der Unternehmer hat man bei der Economiesuisse Verständnis, auch wenn die Billag-Gebühr «sicher nicht der Posten ist, der am meisten weh tut», sagt Michael Wiesner. Aber: «Wir fassen nicht Parolen, nur um ein Zeichen zu setzen.» Denn das werde zum Spiel mit dem Feuer. «Sollte die No-Billag-Initiative tatsächlich angenommen werden, wird sich jeder die Augen reiben, der nur mal ein Signal setzen oder der SRG eins auswischen wollte», ist Wiesner überzeugt.