Bern: Visana betreibt 50 Geflüchtete zu Unrecht
Die Versicherung Visana leitete gegen 50 Geflüchtete in Bern die Betreibung ein – teils bis zur Pfändung. Allerdings ist die Stadt für die Zahlungen zuständig.
Das Wichtigste in Kürze
- Die Visana hat gegen 50 Geflüchtete in der Stadt Bern die Betreibung eingeleitet.
- Allerdings zahlen diese die Rechnungen nicht selbst, dafür ist die Stadt verantwortlich.
- Wegen Kommunikationsfehlern kam es zu Einträgen im Betreibungsregister.
Wegen nicht bezahlter Prämien leitete die Krankenversicherung Visana in rund 50 Fällen die Betreibung gegen Geflüchtete ein – zu Unrecht. Denn: Sie müssen die Zahlungen nicht selbst tätigen. Dafür ist der Sozialdienst der Stadt Bern zuständig.
Einer der Betroffenen ist Amanuel Kesete. Obwohl er zu 60 Prozent als Pflegeassistent arbeitet, verdient seine Familie zu wenig, um die Krankenkassenprämien stemmen zu können. Seit mehreren Monaten wird er nun von der Visana für eine angeblich nicht bezahlte Rechnung betrieben.
«Ich war auch mehrere Male bei der Visana», sagt er gegenüber SRF. «Sie haben mir gesagt: ‹Nein, die Rechnung ist nicht bezahlt.› Bis jetzt habe ich keinen Beweis, auch nicht vom Sozialamt, ob sie bezahlt haben oder nicht. Bis jetzt habe ich immer Stress.»
Zurückzuführen ist die Misere auf einen Fehler bei der Überweisung. Wie das Sozialamt gegenüber dem «Kassensturz» mitteilt, wurde die Rechnung von Amanuel Kesete Ende August 2022 bezahlt – allerdings mit der falschen Referenznummer. Die Zahlung sei daraufhin gegenüber der Visana aber mehrmals belegt worden.
Betreibungsregistereintrag mit Folgen
Die Versicherung schreibt, dass die Zahlung ihr erst am Pfändungstag, dem 5. Juni 2023, auf ihre direkte Nachfrage von der Stadt bestätigt worden sei.
Und weiter: «Mit dem Sozialamt prüfen wir zurzeit in einer gemeinsamen Arbeitsgruppe jeden Fall einzeln und eruieren die Gründe, weshalb die entsprechenden Zahlungen bei uns nicht oder sehr spät eingetroffen sind.» Eine der Problemursachen seien Softwareumstellungen bei der Stadt Bern.
Ausbaden müssen das Behörden-Wirrwarr nun die betroffenen Geflüchteten wie Amanuel Kesete. Wegen der Betreibung hat er nun einen Eintrag im Betreibungsregister.
Die Folge: Als er für sein Kind eine Zusatzversicherung bei der Visana abschliessen wollte, wies ihn die Versicherung ab – mit Hinweis auf den Betreibungsregistereintrag. Den Eintrag, den die Visana selbst ausgelöst hatte.
Obwohl die Pfändung nun nicht vollstreckt wird, findet der Pfändungstermin trotzdem statt. Das Betreibungsamt empfiehlt lediglich eine Beschwerde gegen das Betreibungsamt – sich selbst also – einzureichen. Die Visana hat die Betreibungen samt Pfändung mittlerweile eingestellt.