Vor den zweiten Wahlgang haben die Parteien viel zu diskutieren
Vor dem zweiten Ständeratswahlgang im Kanton Bern herrscht Hochspannung. Die Parteien haben viel zu diskutieren.
Das Wichtigste in Kürze
- Die Parteien entscheiden sich welche Kandidaten am zweiten Wahlgang Teilnehmen.
- SP und Grüne dominieren zum ersten Mal die Ständeratswahlen und sind ganz vorne mit dabei.
Mit Hans Stöckli und Regula Rytz stellt Rot-Grün die Spitzenkandidaten. Dicht auf den Fersen ist ihnen SVP-Mann Werner Salzmann. Doch BDP und FDP könnten ihnen die Suppe noch versalzen. Bis am Dienstagmittag müssen die Parteien diejenigen Kandidierenden bekannt geben, die am zweiten Wahlgang teilnehmen.
Am Montag übten sich die Parteien fleissig im Kandidaten-«Tetris». Wie beim bekannten Puzzle-Spiel ging es um die Frage, welcher Kandidat, welche Kandidatin in welche Konstellation passt.
SP und Grüne dominieren erstmals
Die Ausgangslage vor dem zweiten Wahlgang am 17. November ist für den Kanton Bern ausserordentlich. Noch nie haben SP und Grüne die Ständeratswahlen von den vordersten beiden Plätzen aus dominiert und die Bürgerlichen auf die Plätze verwiesen.
Die beiden traditionellen Bündnispartner wurden denn vom eigenen Erfolg auch ein wenig auf dem falschen Fuss erwischt. Für den Fall eines zweiten Wahlgangs hatten sich SP und Grüne darauf geeinigt, dass der Kandidat mit den besseren Wahlchancen teilnimmt.
Stöckli und Rytz haben beide gute Chancen
Nun haben aber Stöckli und Rytz beide gute Chancen. Stöckli hat am Sonntag im ersten Wahlgang des beste Resultat erzielt und ist ein Bisheriger. Rytz schwimmt auf der grünen Erfolgswelle und kann daher auf ihren Anspruch auf eine Kandidatur pochen. Dies umso mehr als Rytz am Sonntag auch in den traditionell SVP-dominierten Landregionen ein beachtliches Resultat einfuhr.
Bei den Stadtpräsidentenwahlen in Bern krachte es vor zwei Jahren arg im Gebälk der Rot-Grün-Mitte-Koalition. Lachender Dritter war Alec von Graffenried (Grüne Freie Liste), der von den Bürgerlichen ins Spiel gebracht worden war.
Dass Rytz und Stöckli nun allenfalls Konkurrenten um den Ständeratssitz werden, muss laut dem Politologen Werner Seitz nicht heissen, dass sich die Spannungen verschärfen. Gut möglich, dass das Duo Stöckli-Rytz als eingespieltes Duo allfällige Verwerfungen in der Beziehungsgeschichte der Bündnispartner sogar glätten könne.
Die Grünen könnten Rytz «nicht nicht bringen», konstatierte Seitz gegenüber der Nachrichtenagentur Keystone-SDA. Und Stöckli sei als Bisheriger und Bestgewählter gesetzt.
Der Nachteil: Bei einem Zweierticket würden sich Rytz und Stöckli gegenseitig Stimmen abjagen. Das Risiko, dass sie dann den zweiten Sitz nicht gewinnen, ist relativ gross. Viel wahrscheinlicher wäre wohl, dass ein Sitz rot-grün bleibt, der andere bürgerlich. Am ehesten in Frage für den bürgerlichen Sitz käme Werner Salzmann.
Simon blieb überall hinter Erwartungen
Es sei denn, Beatrice Simon stellt sich für einen zweiten Wahlgang ebenfalls zur Verfügung. Dann würden sich Salzmann und Simon gegenseitig auch Stimmen abgraben.
Dass die SVP Salzmann zugunsten von Simon zurückstellt, ist eher unwahrscheinlich, nicht nur wegen der immer noch schwelenden Animositäten zwischen SVP und der von ihr abgespaltenen BDP.
Salzmann lag im ersten Wahlgang in den ländlichen Gebieten klar vor Rot-grün. Erst die urbanen Gebiete kippten die Hackordnung. Simon hingegen blieb überall unter den Erwartungen.
Markwalder könnte Mittestimmen auf sich vereinen
Wenn Salzmann und Simon ins Rennen steigen, könnten viele Mittestimmen zur volksnahen Regierungsrätin wandern, die weitherum als «gmögig» und «pragmatisch» gilt. Möglich, dass dann Rot-grün sogar ganz leer ausginge.
Am Sonntagabend rührte auch die FDP noch in der Suppe und warb für Nationalrätin Christa Markwalder auf einem bürgerlichen Zweierticket. Markwalder landete im ersten Wahlgang hinter Simon. Markwalder könnte Mittestimmen auf sich vereinen.
Klar ist, dass Kathrin Bertschy von den Grünliberalen nicht zum zweiten Wahlgang antritt. Noch offen ist, ob Marianne Streiff-Feller (EVP) nochmals antritt. Auch sei könnte am ehesten von Mittestimmen profitieren.