Wahlkampf in Basel: Ein SVP-Plakat in einem Schaukasten wirft Fragen auf
Unterstützt Olymp & Hades die Grossratskandidatin Patrizia Uehlinger? Das will ein Kunde der Buchhandlung wissen.
Das Wichtigste in Kürze
- Im Schaukasten der Buchhandlung Olymp & Hades in Basel hängen keine Buchempfehlungen.
- Stattdessen ist darin ein SVP-Wahlplakat zu sehen.
- Unterstützt die Buchhandlung die SVP im Wahlkampf? Nein, sagt die Geschäftsführerin.
Olymp & Hades als Wahlhelferin der SVP? Diese Frage stellt sich ein Basler, als er bei der Tramhaltestelle Schützenhaus aussteigt und sich einem der Schaukästen in der Nähe des Kiosks nähert. Anstelle der Bücher, die die Buchhandlung dort ausstellt, hängt das Wahlplakat von Patrizia Uehlinger.
Die Kunsthistorikerin mit Jahrgang 1984 kandidiert auf der SVP-Liste im Wahlkreis Grossbasel-West für den Grossen Rat. Sie ist Schulratspräsidentin der Sekundarstufe Wasgenring.
«Ich war sehr überrascht, als ich die Wahlwerbung gesehen habe», erzählt der Mann «OnlineReports». Er sei ein Kunde von Olymp & Hades und schaue immer wieder nach, was die Buchhandlung im Angebot habe. Diesmal sei aber ein etwas «komisches Buch» ausgestellt gewesen. Der Basler rätselt: «Entweder unterstützt das Geschäft Frau Uehlinger, oder die Kandidatin hat sich einen Schlüssel für den Kasten besorgt. Aber woher?»
BVB vermietet Schaukästen
Ein Anruf bei Olymp & Hades – die Geschäftsführerin Yvonne Peyer lässt keine Zweifel aufkommen. «Wir haben mit Patrizia Uehlinger nichts zu tun. Und wir sind auch nicht mit der SVP oder irgendeiner anderen Partei verbandelt», sagt sie. Die Buchhandlung nutze den Schaukasten beim Schützenhaus nicht mehr und habe auch keinen Schlüssel. «Es ist kein schöner Ort, um Bücher auszustellen.» Das Tramhäuschen sei total versprayt und allgemein ziemlich heruntergekommen.
Olymp & Hades erfuhr durch eine Mail eines Bekannten, dass der Schaukasten für Wahlwerbung genutzt werde. «Mir war nicht bewusst, dass dort immer noch unser Name steht», sagt Peyer. Sie komme selten dort vorbei.
Der Schaukasten bei der Haltestelle Schützenhaus gehört zusammen mit rund zwei Dutzend weiteren solchen Vitrinen in der Stadt den Basler Verkehrs-Betrieben (BVB). Die BVB bewirtschafteten die Kästen nicht aktiv, sagt Sprecher Matthias Steiger auf Anfrage. Interessenten könnten sie aber für je 75 Franken pro Monat mieten.
Es sei den BVB nicht bekannt gewesen, dass der Kasten noch mit dem Namen des Vormieters angeschrieben sei, sagt Steiger. Man werde in Absprache mit der neuen Mieterschaft veranlassen, dass der Kleber beseitigt wird.
Kunden unterschiedlicher politischer Couleur
Zu spät. Die Buchhandlung hat sich selbst um die Sache gekümmert. «Wir haben unseren Namen mit einem schwarzen Balken überklebt», sagt die Geschäftsführerin von Olymp & Hades. Sie habe Patrizia Uehlinger zweimal gebeten, den Schriftzug zu entfernen. Es sei aber nichts geschehen.
Uehlinger bestätigt, den Kasten gemietet zu haben – und rechtfertigt sich. Sie habe den Schriftzug von Olymp & Hades verdeckt, indem sie ihr Plakat direkt auf die Glasscheibe geklebt habe. «Doch irgendjemand hat es abgerissen», sagt die SVP-Kandidatin. Überhaupt würden ihre Plakate, die auch an privaten Liegenschaften in der Stadt hingen, entweder verwüstet oder unliebsam entfernt. Sie überlege sich, Anzeige zu erstatten.
Olymp & Hades zügelte 2013 von der Gerbergasse im Stadtzentrum ins Neubad-Quartier. Laufkundschaft ist hier eher selten. Umso wichtiger ist die Pflege der Stammkundschaft. Die Buchhandlung habe Kundinnen und Kunden unterschiedlicher politischer Couleur, erklärt Peyer. Und das sei gut so. «Wir beziehen deshalb keine politischen Positionen, äussern uns nicht zu Wahlen oder Abstimmungen und legen auch keine Flyer auf.»
Einzig 2012, als die Bevölkerung über die Wiedereinführung der Buchpreisbindung abstimmte, machte Olymp & Hades eine Ausnahme. Peyer sagt: «Das war eine ganz andere Situation; wir waren damals selbst betroffen.»
Wie damals mit der SMS-Panne
Der Schaukasten-Fall erinnert an die SMS-Panne während der Endphase des Basler Regierungswahlkampfs im Frühling. Ein Kunde von Bider & Tanner hatte via SMS eine Empfehlung der SP Basel-Stadt erhalten, Mustafa Atici zu wählen. Die Nachricht stammte von derselben Nummer, über die die Buchhandlung den Kunden üblicherweise informiert, wenn ein Buch abholbereit ist.
Später stellte sich heraus, dass die SP und Bider & Tanner denselben SMS-Dienst nutzen. Wie Peyer betonte auch Hans-Ruedi Etter, Geschäftsleitungsmitglied von Bider & Tanner, dass man sich grundsätzlich nicht in politische Diskussionen oder Wahlen einmische und auch keine Empfehlungen für Kandidierende abgebe.
Ob der aufmerksame Basler am 20. Oktober Patrizia Uehlinger wählen wird, verrät er nicht. Die SVP-Kandidatin war ihm nicht bekannt – bis zum Wahlkampf. Nun hänge sie überall.
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Hinweis: Dieser Artikel von Alessandra Paone wurde zuerst im Basler Newsportal «OnlineReports» publiziert.