Wallis: Skitourengänger in «leichtem Tenue» bei –18 Grad erfroren
Weil sie für ein Skitourenrennen trainierten hatten die Opfer in den Walliser Bergen nur ein «leichtes Tenue» mit sich und deswegen wohl kaum Überlebenschancen.
Das Wichtigste in Kürze
- Am Sonntagabend wurden fünf der sechs vermissten Tourengänger im Wallis tot aufgefunden.
- Die Gruppe trainierte für das legendäre Skitourenrennen Patrouille des Glaciers (PdG).
- Ein Walliser Bergretter sagt, dass sie deswegen nur ein «leichtes Tenue» dabei hatten.
Seit Samstag wurden im Wallis sechs Skitourengänger vermisst. Mittlerweile herrscht traurige Gewissheit: Fünf von ihnen sind tot. Die Suche nach der sechsten vermissten Person dauert weiterhin an.
Die fünf Verstorbenen wurden am Sonntagabend im Gebiet Tête Blanche oberhalb von Zermatt VS aufgefunden. Einer, der dieses Gebiet kennt, wie fast kein anderer, ist Bruno Jelk. Der noch immer aktive Walliser Bergretter (81) hat am gestrigen Montag mit «Schweiz Aktuell» über die Tragödie gesprochen.
Er erwähnte, dass die Skitourengänger mit «sehr leichtem Tenue» unterwegs waren. Der Grund dafür: Sie haben für das Skitourenrennen Patrouille des Glaciers (PdG) trainiert, das im April stattfindet. Die Strecke, auf der sie unterwegs waren, ist der erste Abschnitt des legendären PdG.
«Training – nicht das Rennen ist das Problem»
Nicht zum ersten Mal kam es zu Unfällen von Skitourengängern, die für das Rennen trainieren. Auf die Frage, ob das PdG zunehmend ein Problem darstelle, meinte Jelk: «Beim Rennen selbst ist alles kontrolliert, das Problem ist das Training. Die Teilnehmer müssen aber trainieren, denn sonst können sie diesen Lauf nicht schaffen.»
Es werde auf der Originalstrecke mit «leichtem Tenue» trainiert, betonte der erfahrene Bergsteiger. «Die Leute sind mit so leichtem Material und leichten Kleidern wie möglich ausgerüstet. Wenn dann ein Sturm kommt und man die Orientierung verliert, mag es wenig leiden.»
Die Retter, die die Toten am Sonntagabend entdeckt hatten, erklärten, dass die Skitourengänger versuchten, eine Höhle zu bauen. Um sich vor dem Wind zu schützen. Wie Bruno Jelk im Bericht erklärt, dürfte dies den Verunfallten mit ihrem Material aber nur schwer möglich gewesen sein.
«Wenn du eine Aluminiumschaufel hast und der Schnee hart ist... dann warten sie noch etwas lange, dann kommt die Unterkühlung und damit der Schlaf, dann ist fertig ...»
«Das Problem war nur in einem kleinen Gebiet»
Bei den Verunfallten soll es sich laut «Le Nouvelliste» um drei Brüder, einen Onkel, einen Cousin und eine Freundin eines Bruders handeln. Vier der Verstorbenen stammten aus der Walliser Gemeinde Vex VS, es sind Personen im Alter von 21 und 58.
Aktuell wird kontrovers diskutiert, ob die Skitourengruppe gar nicht hätte losgehen sollen, weil eine Schlechtwetterfront angekündigt gewesen war. Die Behörden wollten sich am Montag nicht dazu äussern. Man habe alles Menschenmögliche unternommen, um die Gruppe zu retten, hiess es.
Bruno Jelk wurde von «Schweiz Aktuell» gefragt, ob er mit einer solchen Wetterprognose ausgerückt wäre. Er meinte: «Ja, das Problem war nur in einem kleinen Gebiet. Ich war mit Gästen unterwegs, habe dann aber umgekehrt, weil mir der Sturm zu gross wurde.»
Der Experte betonte, dass aber die Trainierenden «mehr aushalten könnten», als etwa seine Gäste, «mit denen man früher umkehren muss».
Er habe anschliessend eine Super-Tour machen können, fügte Jelk an. Und: «Es war nicht so, dass man gesagt hat, dass am Samstag gar nichts geht. Am Samstagmorgen hat das Wetter gut ausgesehen. Aber innerhalb einer halben Stunde kam der Sturm, das geht so schnell.»
–18 Grad und Wind von über 100 km/h
Auf die Frage, wie man sich eine solche Situation auf 3500 Metern Höhe vorstellen müsse, sagte Bruno Jelk: «Das Problem ist, dass es nicht nur Wind war, sondern ein Sturm, das ist brutal. Da kommt noch der Nebel und die Unterkühlung dazu.»
Der Sturm auf der Alpensüdseite und die Lawinengefahr verhinderten am Samstag, dass sich Helikopter und Rettungskolonnen dem Gebiet nähern konnten. Die Experten schätzen, dass sich die Temperaturen an der Unfallstelle um die –18 Grad bewegt hatten und die Windgeschwindigkeiten bei über 100 km/h gelegen waren.
Jelk: «Bei solchen Verhältnissen müssen die Retter entscheiden, ob ein Einsatz geht oder nicht. Sie gehen so weit es möglich ist, aber wenn das Risiko zu gross ist, muss man abbrechen.»