«Wandere aus»: Deutscher Influencer schwärmt von Schweiz – Shitstorm

Antun Boskovic
Antun Boskovic

Zürich,

Der deutsche Influencer Kilian Kroh postet ein Video, in dem er die Schweiz lobt und kündigt an, hierher auszuwandern. Das kommt bei Schweizern nicht gut an.

00:00 / 00:00

«Kulturschock»: Der deutsche Influencer Kilian Kroh vergleicht in seinem Video die Schweiz mit Deutschland. - Instagram / @kiliankroh

Das Wichtigste in Kürze

  • Kilian Kroh lobt in einem Video die Schweizer Sauberkeit und Freundlichkeit.
  • Er will in die Schweiz auswandern. Dafür erhält er von Schweizern negative Kommentare.
  • Der «Verein für Deutsche in der Schweiz» erklärt, wie es um die Freundlichkeit steht.
  • Ein Soziologe ordnet die negativen Kommentare gegen den deutschen Influencer ein.

«Kulturschock in der Schweiz», heisst das neuste Instagram-Video des deutschen Influencers Kilian Kroh. Dabei meint der Deutsche das mit dem «Kulturschock» positiv.

«Diese Dinge sind komplett anders als in Deutschland», beginnt er. So sei vieles in der Schweiz moderner als in seinem Heimatland.

«Jede Stadt ist deutlich sauberer und sicherer als in Deutschland.» Dann behauptet Kroh, dass es in der Schweiz an jeder Ecke kostenlose öffentliche Toiletten gebe, die auch noch sauber seien.

Zu sehen gibts vor allem Bilder aus dem Zürcher Kreis 1.

Menschen «freundlicher als in Deutschland»

Anschliessend lobt der Influencer, dass es hierzulande überall Trinkbrunnen gebe. Wo man kostenlos seine Flasche auffüllen könne. Und fügt an: «In Deutschland wäre das Wasser wahrscheinlich nach zehn Minuten schon verseucht.»

Kennst du Deutsche, die in der Schweiz leben?

Löblich findet Kroh auch den 5G- und Internetempfang bei uns: «In der Schweiz hat man auf dem Berg mitten im Nirgendwo mehr Internet als in einer Grossstadt in Deutschland.»

Was er betont: Die Menschen in der Schweiz seien «freundlicher als in Deutschland». Sie würden versuchen, in jeder Situation zu helfen. Sein Fazit: «Ich glaub, ich wandere aus

«Bitte in Deutschland bleiben, danke!»

Doch die Kommentare unter dem Video zeigen gar nichts von Schweizer Freundlichkeit. «Bitte in Deutschland bleiben, danke!», ist nur einer von vielen Kommentaren in diese Richtung.

Eine andere Userin schreibt: «Bitte nicht, wir haben genug Deutsche hier! Wirklich nicht böse gemeint, es wird langsam zum Problem.»

Über den freudigen Influencer bricht ein regelrechter Shitstorm ein. Hunderte Kommentare und Likes zeigen ihm: Wir sind eben doch nicht immer freundlich.

Nau.ch hat beim «Verein für Deutsche in der Schweiz» nachgefragt, wie das Leben für sie bei uns wirklich ist.

Und auch hier tönt es nicht besser. «Leider kommt es immer wieder vor, dass Schweizer genervt sind von deutschen Zuwanderern», sagt Integrationsberater und Vereinspräsident Matthias Estermann.

Deutscher: «Habe oft erlebt, dass ich angefeindet wurde»

Solange ein Deutscher ein Hotelgast sei und hier konsumiere, sei alles gut. «In dem Moment, wo er hier wohnt, ist es wie Konkurrenz und hin und wieder wird man offen angefeindet.»

Das sei aber von Region zu Region unterschiedlich. Anfeindungen passieren hin und wieder, «vor allem im ländlichen Raum». Es seien vielleicht zwei von 100 Schweizern, die sagen würden, was sie denken.

Denkst du, dass es Deutsche in der Schweiz schwer haben?

«Ich habe oft erlebt, dass ich angefeindet wurde», sagt auch Estermann selbst. Auch wenn es nur zwei von 100 seien, würde man diese Begegnungen weniger schnell vergessen als die positiven.

Es sei immer schwierig, sich in einem neuen Land zu integrieren. «Das hängt auch davon ab, wie offen man selber auf andere zugeht. Wer von Berlin nach Hamburg zieht, hat es auch nicht immer leicht.»

Estermann ergänzt: «Ich habe gelernt, mich etwas zurückzuhalten und das Deutsche nicht gleich raushängen zu lassen. Und schon ist es nicht mehr so wild.»

Soziologe mahnt zur Vorsicht bei «Deutung solcher Phänomene»

Dirk Baier, Soziologe und Professor an der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW), sagt zu Nau.ch zu den Kommentaren unter Krohs Video: «Grundsätzlich sollte man bezüglich der Deutung solcher Phänomene vorsichtig sein.»

In den sozialen Medien gehe es schneller hoch her. «Da schreibt man – leider – ungefiltert und unüberlegt Dinge, die man sonst wohl keinem Deutschen (oder auch einem anderen Ausländer) auf den Kopf zusagen würde.»

Generell seien aber sicher mindestens drei Punkte ausschlaggebend für die Reaktionen. «Erstens wissen wir aus Befragungen, dass etwa ein Viertel der Schweizerinnen und Schweizer ausländerfeindlich denkt, skeptisch gegenüber Zuwanderung ist und eine stärker abgeschottete Schweiz wünscht.»

Dirk Baier Soziologe Experte
Dirk Baier ist Soziologe und Professor an der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW). (Archivbild) - ZHAW

Solche Personen seien natürlich viel eher bereit, auf solche Videos zu reagieren und etwas Abwertendes zu posten.

Zweitens seien gesellschaftliche Narrative über Deutschland und die Deutschen, die es in der Schweiz gebe, bedeutsam. Und die «bei passender Gelegenheit rausgeholt werden».

Denn gerade mit Deutschland gebe es seit Jahrzehnten eine gewisse Rivalität. «Deutsche werden als überheblich eingestuft, als bedrohlich, als unsensibel und so weiter.»

Drittens ist laut Baier die Sprache nicht zu vergessen: «Was ein Deutscher schreibt, versteht man einfach – zumindest in der deutschsprachigen Schweiz. Würde solch ein Video auf bulgarisch, chinesisch, englisch und so weiter verfasst, würden viel weniger Menschen Notiz davon nehmen. Weil sie es nicht verstehen.»

Menschen mit Vorurteilen «haben einfach nie persönlichen Kontakt gehabt»

Weiter hält der Soziologe fest: «Die meisten Menschen, die Vorurteile gegenüber anderen Bevölkerungsgruppen haben, hier gegenüber den Deutschen, haben einfach nie persönlichen Kontakt gehabt.»

Sie würden die Vorurteile, die über diese Gruppe geäussert werden – im Kollegenkreis, in den sozialen Medien, in der Familie – als bare Münze nehmen und sich zu eigen machen.

Hegst du Vorurteile gegenüber bestimmten Menschen?

Sobald es dann aber zu einem engeren persönlichen Kontakt komme, würden die Vorurteile aber schnell verschwinden.

Und sind die Schweizer denn wirklich freundlicher als die Deutschen? «Es gibt unter Schweizern, wie unter Deutschen, alles: von sehr freundlichen bis sehr unfreundlichen Menschen. Nicht die Zugehörigkeit zu einer Gruppe bestimmt über solche Merkmale», sagt Baier dazu.

Sondern: «Die Erziehung, Sozialisationserfahrungen, in gewissem Ausmass auch die Genetik. Und da diese Merkmale beziehungsweise Merkmalskombinationen sehr individuell sind, sind alle Angehörigen einer Gruppe sehr individuell.»

Kommentare

User #4044 (nicht angemeldet)

Warum kann ich meine Kommentare nicht selber löschen? Der Knopf dafür fehlt.

chan lee 55

wird schnell merken ist nicht willkommen, überall in läden usw verlange ich sofort andere bedienung sonst tschüss.

Weiterlesen

a
710 Interaktionen
Nur Geld
Grenze Deutschland Schweiz
31 Interaktionen
Aufstiegs-Chancen
die schweiz deutsche zeitung
33 Interaktionen
Hoher Gehalt
Ausbildung Gesundheit
Promotion

MEHR AUS STADT ZüRICH

FC  Zürich
Vor Cup-Kracher
4 Interaktionen
Zürich
Rosengartenachse
1 Interaktionen
Zürich
Migros Do it Garden
14 Interaktionen
Über 600 Jobs weg