War die Lawine in Saas Grund VS vorhersehbar?
Nach dem tödlichen Lawinenunglück in Saas-Fee ermittelt die Staatsanwaltschaft. Es geht um die Frage, ob es vorhersehbar war.
Das Wichtigste in Kürze
- In Saas Fee wurde ein Skifahrer auf der Piste von einer Lawine getötet.
- Nun ermittelt die Staatsanwaltschaft, ob der Pistenchef die Sorgfaltspflicht verletzt hat.
- Laut einem Anwalt ist der Druck auf Pistenchefs gross, auch seitens der Gäste.
Nach dem Lawinen-Unglück in Saas-Grund VS ermittelt nun die Staatsanwaltschaft: Am Samstag löste sich eine Lawine und verschüttete einen Skifahrer auf einer markierten Piste. Er verstarb trotz Reanimation noch vor Ort. Das Lawinenforschungsinstitut SLF gab für jenen Tag eine Gefahrenstufe von 4 aus.
Das SLF wird nun von der Staatsanwaltschaft um ein Gutachten gebeten werden. Dies erklärt der Briger Anwalt Fritz Anthamatten gegenüber «Pomona». Die Staatsanwaltschaft untersuche den Unfallhergang von Amtes wegen, da es ein Todesopfer gegeben habe.
«Die entscheidende Frage ist: War dieser Lawinenniedergang vorhersehbar?», sagt Anthamatten. «Hätten die Verantwortlichen vor der Pistenöffnung erkennen müssen, dass man nicht öffnen darf?»
Konkret geht es um den Pistenchef, der für die Geländesicherung zuständig ist. Man müsse untersuchen, ob aufgrund seiner Kenntnisse und Fähigkeiten eine Sorgfaltswidrigkeit vorliege. Wurde die Sorgfaltspflicht verletzt, könne eine fahrlässige Tötung vorliegen.
Freispruch und Verurteilung nach tödlichem Lawinenniedergang
Ein Lawinenniedergang in Saas-Fee beschäftige bereits vor einigen Jahren die Justiz: 2011 riss eine Lawine einen Jungen und eine Skilehrerin auf einer blauen Piste mit. Der Knabe aus Spanien verstarb. 2016 verurteilte das Bezirksgericht den ehemaligen Pisten- und Rettungschef zu einer Geldstrafe.
Ihm wurde die fahrlässige Tötung zugeschrieben, da er auf Anraten seines Stellvertreters nur fünf statt der geplanten sechs Sprengungen vornahm. Laut einem Gutachter war der Verzicht auf die letzte Sprengung zu wenig durchdacht gewesen.
Anwalt: Pistenchefs unter grossem Druck
Doch nicht immer enden tödliche Lawinen-Unglücke mit einer Verurteilung: Nach einem Lawinenniedergang oberhalb von Zermatt im Jahr 2008, bei dem ein Mann starb, wurde der Pistenchef freigesprochen. Die Witterungs- und Schneeverhältnisse seien aussergewöhnlich gewesen, begründete der Richter. Das Losbrechen der Schneemassen sei nicht voraussehbar gewesen, der Beschuldigte deswegen unschuldig.
Anwalt und Bergführer Fritz Anthamatten sagt dann auch, dass Pistenchefs unter grossem Druck stünden. Vor allem bei Wettersituationen wie am letzten Wochenende. «Der Druck seitens der Gäste ist gross», so der Anwalt. Er kenne auch Pistenchefs, die den Job wegen des Drucks aufgegeben hätten.