Wenn tiefe Skigebiete schliessen müssen, profitieren die Grossen
Die Wintersaison 2023/24 hat für viele tief gelegenen Skiorte ein jähes Ende genommen. Von ihrem Saison-Aus profitieren dafür andere.
Das Wichtigste in Kürze
- Früher als sonst machen viele Skigebiete Saisonschluss.
- In Zukunft wird es vor allem für Gebiete unter 1500 Metern schwierig.
- Sind die tief gelegenen Gebiete zu, können die Grossen davon profitieren.
Während die höher gelegenen Skigebiete über Neuschnee jubeln und bisher eine erfolgreiche Saison hatten, geht es vielen tiefer gelegenen Gebieten schlecht.
So schlecht, dass einige bereits schliessen mussten. Viel früher als sonst im Jahr. So etwa die Grimmialp BE, Jaun FR, Moléson FR oder Atzmännig SG.
Einige halten den Betrieb mit einer einzigen beschneiten Piste aufrecht, wie das Skigebiet Schwarzsee FR. Andere haben schon jetzt den Sommersaison-Start nach vorne geschoben, so etwa das Skigebiet Moléson FR.
«Es tut schon weh», sagt Pamela Ulmann, Skischulleiterin auf der Grimmialp, zur geschlossenen Skistation. Es sei den anderen Gebieten zwar zu gönnen, «aber der Graben wird stets tiefer», betont sie. Nur wer topausgerüstet und gut gelegen sei, könne noch mithalten.
Für Ulmann ist deshalb klar: «Wir müssen uns gut überlegen, wie es weitergeht.» Denn immer nur zu hoffen, reiche nicht mehr aus. «Diesen Winter hat uns die Realität immer wieder eingeholt.»
War einmal Schnee vorausgesagt, fiel er dann trotzdem nicht oder viel zu dürftig. «Wir brauchen einen Plan B.» Wie dieser aussieht, weiss sie noch nicht. Der Verwaltungsrat kommt im März zusammen.
Braucht vier Sommergäste, um Wintergast zu ersetzen
Auf einen Plan B setzen andere Gebiete seit Längerem. «Wir haben vor vier bis fünf Jahren angefangen, den Sommer zu stärken», sagt René Koller, Direktor der Bergbahnen Sörenberg LU. Denn das verlorene Wintergeschäft ist nicht einfach zu kompensieren. «Um einen Wintergast zu ersetzen, braucht es vier Sommergäste», lautet gemäss Koller die Faustregel.
Doch auch er spürt, dass die Präparation der Pisten in Dorfnähe immer aufwendiger wird. «Kalte Nächte, in denen man beschneien kann, werden weniger.» Glücklicherweise gehe das Gebiet bis aufs Rothorn auf 2350 Metern über Meer. «Somit sind wir nicht in einer kritischen Situation.»
Eine Million Franken pro beschneiten Pistenkilometer
Klimaforscher Reto Knutti von der ETH Zürich beobachtet ebenfalls, dass sich bei den Skigebieten die Spreu vom Weizen trennt: «Die klimatischen Entwicklungen und die hohen Kosten bringen die grössten und hoch gelegenen Gebiete tendenziell in die beste Ausgangslage, um zu überleben, und die tief liegenden in die schlechteste.»
In Zukunft werde es insbesondere für kleine Gebiete unter 1500 Metern sehr schwierig sein, so Knutti. Tendenziell würden diejenigen Gebiete überleben, die genügend moderne Bahnen haben und Schneesicherheit garantieren können. Denn: «Wenn die Schneesicherheit nicht gegeben ist, dann buchen die Gäste nicht mehr.»
Beschneiung ist jedoch sehr teuer und kostet circa eine Million Franken pro Pistenkilometer beim Bau. Somit ergebe sich irgendwann für viele Stationen ein wirtschaftliches Problem. «Tiefe Einnahmen durch langfristig sinkende Ersteintritte plus hohe Investitionen und Unterhalt rechnen sich nicht mehr», erläutert Reto Knutti.
Tiefere Skigebiete haben besonders treue Gäste
Diese Entwicklung spürt auch der Verband Seilbahnen Schweiz. «Es ist tatsächlich so, dass tiefer gelegene Skigebiete ohne technische Beschneiung angesichts des Klimawandels vermehrt Probleme haben, ihr Angebot regelmässig aufrechtzuerhalten», erklärt Direktor Berno Stoffel gegenüber Nau.ch.
Blieben tiefer gelegene Gebiete geschlossen, bedeute dies, dass Skigebiete in höheren Lagen davon profitieren. Doch es gibt trotzdem Hoffnung für die Kleinen: «Es zeigt sich aber auch, dass Gäste von tieferen Skigebieten diesen sehr treu bleiben und diese auch wieder aufsuchen, wenn die Verhältnisse es dann wieder erlauben», so Stoffel.
Pamela Ulmann hat die Hoffnung für die Zukunft noch nicht aufgegeben. Doch für diese Saison bleibt sie Realistin und geht nicht davon aus, dass die Station Grimmialp nochmals aufgeht. «Dafür bräuchten wir einen Meter Neuschnee.»